Samstag, September 30, 2006

Begegnung dritter Art

Mein Samstag fuehlt sich ziemlich langweilig an. Meine Hals-Probleme moechten einfach nicht weggehen und so hab ich heute noch kaum etwas gegessen. Arzt hat auch keiner offen, also heisst es Buecher lesen und vielleicht am Abend ausgehen - nur um irgendwie die Zeit bis Montag - bis der Arzt weiterhilft, totzuschlagen.

Etwas belustigt war ich aber doch, also ich vorhin beim Lidl einkaufen war und von der Kassierin angesprochen wurde "les nouveaux erasmus?" Etwas verdutzt fragte ich ob sich das wohl schon im ganzen Viertel herumgesprochen haette. Es stellte sich jedoch heraus, dass sie selbst mit Erasmus hier ist. Sie wusste sogar meine Zimmernummer und erklaerte, dass sie auf dem gleichen Gang wie ich wohnt.

Noch einmal verwundert war ich, als mich im Foyer ein anderes Maedchen ansprach, ob ich der Zimmernachbar von demjenigen sei, der bekanntermassen bald ausziehen wollte. Ich bejate, erhielt jedoch keine Antwort auf die Frage a) woher sie das wusste und b) wieso sie das wissen wollte. Ein bisschen sonderbar ist es ja schon. Man lebt hier offenbar nicht ganz so anonym wie vermutet...

Heute kein Foto und keine Umlaute - ich schreibe vom Wohnheim-Internetterminal aus.

Freitag, September 29, 2006

Avoir mal à la gorge


Seit drei Tagen habe ich heftige Schluckbeschwerden - ein Schnupfen kündigt sich an. Weil ich aber nur das französische Wort für Halsschmerzen kenne (siehe Überschrift) habe ich mir eben in der Pharmacie Medikamente gegen Halsschmerzen geholt und hoffe, dass die auch wirken.

Naja - obwohl es deutsche Medikamente sind (Merck) - bisher sind sie mir den Beweis noch schuldig geblieben.

Am Mittwoch Abend gab es ein Festmahl! Ich war eingeladen bei den Eltern meines Correspondant auf der anderen Seite der Stadt und habe endlich mal wieder etwas richtig gutes gegessen - das sich an so ein Essen anschließende Glücksgefühl ist ziemlich beeindruckend. Man entbehrt doch einiges, so ganz ohne Backofen und Koch.

Heute habe ich Economie Geographique gehört, bei einer netten, schnellsprechenden Französin. Auch hier gibt es in der Wirtschaftsgeo den guten alten Herrn Von Thünen - nur sagt man hier Won Tünön. Als sie dann am Ende der Stunde erfuhr, dass sie einen ERASMUS und einen japanischen Austauschstudenten im Saal hatte, war sie hoch erfreut und versprach ein Résumé anzufertigen, damit wir nicht so viel mitschreiben müssen. Mitschreiben ist immernoch ein gewisses Problem für mich. (Heute: eine halbe Seite im Vergleich zu vier Seiten Mitschrift bei den Franzosen).

Foto: Chinatown in Paris ist lange nicht so beeindruckend wie in London oder in San Francisco. Aber China-Food à emporter hat in dieser Stadt fast denselben Rang wie Dönerläden in Deutschland.

Donnerstag, September 28, 2006

ECTS-European Credit Transfer System


Die europäische Einigung bringt viel Praktisches mit sich. So zum Beispiel können europäische Studenten ohne Schwierigkeiten ein oder zwei Semester auf einer Hochschule in einem anderen europäischen Land studieren. Um das Verfahren zu vereinfachen und verbindliche Vergleichbarkeit zwischen den Universitäten herzustellen hat man das European Credit Transfer System - kurz ECTS erfunden. Für bestimmte Kurse gibt es eine bestimmte Anzahl von Punkten. Stimmt die Anzahl der Punkte auf den verschiedenen Universitäten überein, ist die Anerkennung nur noch Formalia.
Soweit die rosarote Theorie.
Meine Erfahrungen mit ECTS sind da doch eine ganze Ecke Europa-skeptischer. Für mich ist Europa ein Sumpf, das ECTS-System ist die defekte Pumpe zur Trockenlegung desselben und die verschiedenen Universitäten kochen jede ihr eigenes Süppchen, das zur Biodiversität des Sumpfes beiträgt.
Am Dienstag stand ich vor Monsieur Leroy, um mein Leid zu klagen und Aufklärung zu erfahren. Denn in Wirklichkeit kümmert sich natürlich kein deutscher Hochschuldozent um die Anzahl der ECTS-Punkte, sondern er will wissen, ob diejenigen Fächer, die sein Student im Ausland belegt hat auch inhaltlich mit denen im Inland vergleichbar sind. Daher fordert ein Dozent in Mainz Angaben über Inhalt und verwendete Literatur. Diese sind aber an französischen Unis nicht zu haben - nicht online und nicht im Voraus. Man muss schon die ersten zwei Unterrichtsstunden abwarten, bis man eine solche Liste ausgehändigt bekommt.
Schon dieser erste Fakt vereitelt die ganze schöne ECTS Welt - denn stimmt der Inhalt aber die ECTS-Punkte sind unterschiedlich "dann schauen wir da großzügig drüber weg" - so der verantwortliche Professor Sauernheimer in Mainz.
Der Austausch ist auch so zu handhaben - es ist etwas riskanter zwar, was die Anerkennung angeht, aber wenige Wochen nach Studienbeginn sollte man darüber bescheid wissen, ob gleichnamige Fächer auch gleichwertig sind.
Im Sumpf Europa kommen aber noch ein paar Schwierigkeiten (giftige Schlangen und Krokodile) hinzu. Zum einen sind noch lange nicht alle Unis auf Bachelor umgestellt. Zum anderen ändert sich bei vielen Universitäten durch die Umstellung nicht wirklich viel: Gleiche Kurse haben unterschiedliche Namen, gleiche Studiengänge haben unterschiedliche Richtungen, gleiche Studienabschnitte haben unterschiedliche Anforderungen.
In all dem Wusel kann man zwei Universitäten finden, die zufällig aufeinander abgestimmt sind - oder man geht für ein Jahr von Mainz nach Paris.
Ich stehe also immernoch vor Monsieur Leroy, der ein prüfendes Auge auf meinen Zettel geworfen hat, auf dem ich versucht habe, die deutschen Kursbezeichnungen ins französische zu Übersetzen.
Mit dem Finger fährt er von oben bis unten über die Liste. "On n'a pas, on n'a pas, On n'a pas - das haben wir alles nicht. Drei Kurse können sie im nächsten Semester belegen, die könnten übereinstimmen - désolée!"
Naja das klang ja zunächst nach einem sehr einfachen ersten Semester. Ich stellte mich schon darauf ein, in meinem ersten Semester neben meinen Sprachkursen nur ein paar Kurse die mich sowieso interessierten zu belegen - pour mon plaisir sozusagen. Aber bevor ich mir sicher sein konnte ging es schließlich doch nochmal zu Monsieur Najman, der dann ja auch den Contrat d'Etudes unterschreiben sollte.
Monsieur Najman glaubt ganz fest an ECTS. Er hat dann auch tatsächlich noch den ein oder anderen Kurs gefunden, bei dem ich es zumindest versuchen konnte, dessen Anerkennung in Deutschland zumindest theoretisch möglich sein könnte. Aber bei 24 Punkten war das Ende der Fahnenstange erreicht. Uns fiel nichts weiteres mehr ein. Monsieur Najman grübelte eine Minute, dann ging ihm ein Licht auf und er verkündete mir seine großartige Idee: "Sie schreiben ein Memoir! Das übt ihre Sprache und Sie können sich ein Thema aussuchen, das Sie interessiert". Ein Memoir ist eine Semesterarbeit, eine Art Generalprobe für die Diplomarbeit. Ich bin sicher meine Begeisterung fiel mir quasi aus dem Gesicht. Aber inzwischen bin ich auch überzeugt: Eine gute Übung für mein Französisch.

Foto: Hort der Bildung: Nationalbibliothek in Paris.

Dienstag, September 26, 2006

Le choix intertemporel


Manchmal wird man auch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, was den sprachlichen Fortschritt anbelangt. Einen ganzen Film - so habe ich gestern Abend gemerkt - verstehe ich eben doch noch nicht. Und wenn das ganze Kino lacht bin ich manchmal noch immer total ahnungslos. (Wir haben die meisten Gags nachher nochmal durchgesprochen, damit es nicht ganz umsonst war.)
Oder später - als wir im Café sitzen und Arnaud fordert "Simon, fang endlich an den Subjonctif richtig zu benutzen! Du bist schon drei Wochen hier!"

Die wirkliche Herausforderung aber ist die Uni. Hier muss ich die Sprache verstehen, um am Ende zumindest in manchen Fächern eine Prüfung ablegen zu können. Heute würde es soweit sein - auch wenn ich noch immer keinen festen Stundenplan habe - so vermutete ich mal, dass die heutigen Kurse einen Besuch wert seien.

Der erste ernste Tag an der Uni. Von anderen ERASMUS-Studenten ist erstmal keine Spur zu finden. Mein Kurs - den ich mir herausgesucht habe auf den Verdacht hin, dass er so ähnlich klingt wie ein Kurs in Deutschland, den ich noch belegen muss - heißt Economie Monetaire International.

Ich bin etwas zu früh vor meinem Vorlesungssaal und habe noch etwas Zeit mir die anderen Stundenten in der Aula anzusehen. Vollkommen unstudentisch kommen mir die vor, eher wie eine Mischung aus Oberstufenschülern und Gangster Rappern.
Madame Duchene, die Dozentin, ist dann doch eher die typische Lehrerin mit dem schmalen Gesicht, den dünnen Armen - und einer sehr sehr leisen Stimme.

Wichtig ist, dass Franzosen mit mir laut und deutlich reden, damit ich all die kleinen Worte, die so schnell verschluckt werden verstehe. Dieser Anforderung kommt Madame Duchene erstmal nicht nach. Nach etwa einer viertel Stunde habe ich mich dann aber hineingehört und verstehe sie ganz gut. Allerdings erfordert es eine ungemeine Konzentration - eine kleine Unaufmerksamkeit von mir und der ganze Absatz kann verloren sein.

Madame Duchene erklärt heute Morgen le choix intertemporel - mit und ohne der Sicherheit über die Zukunft. Das ist schon relativ anschaulich mit vielen Formeln und Modellen, die ich in ähnlicher Form schon mal gesehen habe. Madame Duchenes Tafelbild hilft ein bisschen, allerdings wird mir dabei auch die Bedeutung einer klar lesbaren Schrift deutlich. Diejenigen die die Sprache sicher beherrschen, können bei unlesbaren Zeichen leicht darauf schließen was es heißen soll - ich aber leider nicht. Meine Banknachbarn helfen mir da gelegentlich weiter.

Während der Vorlesung rätsele ich außerdem weiterhin ob das nun der Kurs ist, der mir weiterhelfen könnte. Außerdem stelle ich mit schrecken fest, dass es einen weiteren gleichnamigen Kurs am Nachmittag geben wird. Nochmal drei Stunden - das wäre aber langsam anstrengend!

In der Pause bin ich ziemlich fertig von dem ganzen Mithören und gehe zu Madame Duchene, um sie um Rat zu fragen. Doch da ist es wieder: Das unbestimmte Gefühl, dass mein Französisch manchmal nachlässt: Ich stelle eine Frage wie zum Beispiel: "Wissen Sie ob dieser Kurs für meinen deutschen Kurs anerkannt wird?" Madame Duchene beginnt zu sprechen. Madame Duchene hört auf zu sprechen. Nächste Frage. Während des "Gesprächs" kommt mir die klassische Konditionierung in den Kopf und ich frage mich insgeheim ob ich nur irgendwas auf französisch sagen müsste, damit Madame Duchene zu sprechen beginnt. Wenn sie mich dabei beschimpfen würde - würde ich es merken?

Der nächste Lehrer ist ein angenehmer Erzähler, der Kurs heißt genauso wie der erste, geht ebenfalls drei Stunden lang, scheint aber von etwas ganz anderem zu handeln. Keine Theorien werden hier verbreitet, der kräftige Mann im Business-Anzug und den weißen Haaren erzählt von Börsenplätzen, Derivaten-Handel und so weiter. Zuhören geht bei ihm recht leich und obwohl ich schon drei Stunden konzentriertes Französisch hinter mir habe geht das alles erstmal ganz gut. Bis er dann anfängt zu diktieren. Das üben wir dann beim nächsten Mal wieder...

Foto: Der kaputte Fußball - Denkmal in Creteil zur gerade verlorenen Fußball-WM.

Montag, September 25, 2006

Überschrift leider verloren...


Das Wochenende ist vorbei, Morgen habe ich meinen vermeintlich ersten Kurs an der Uni. Noch immer warte ich auf einen Gesprächstermin mit Monsieur Najman, aber meine Sekretärin hat sich noch nicht gemeldet. Sie waren ja mit meinem Verhandlungsangebot was die ECTS-schwere meiner Kurse angeht noch nicht zufrieden... Mal sehen was die Nachverhandlungen bringen werden.

Das restliche Wochenende war auch noch sehr nett - ich erinnere mich an hohe Stuckdecken und Clubgäste ganz in Weiß - außer uns, die wir deshalb keinen verminderten Eintritt bekommen haben. Wer Französisch kann ist eben klar im Vorteil. (Das war im Club Elysee Montmatre am Place Pigalle.) Des weiteren erinnere ich mich daran, für eine Modezeichnung Modell gestanden zu haben - wohl eher weniger wegen meiner Mode, aber weil die Hausaufgaben fertig werden sollten. Allerdings - morgens um 5 gelingt der Faltenwurf nicht allzu akkurat - das Bild muss nachbearbeitet werden. Wenn es dann abgenommen ist hoffe ich auf etwas Schmuck für mein noch sehr kahles Zimmer.

Hier noch ein paar Kleinigkeiten aus der Reihe "die kleinen Unterschiede oder: neue Vorurteile". In einem meiner letzten Beiträge hatte ich ja schon erwähnt, dass man bei Absprachen über die Uhrzeit immer noch im Hinterkopf ein Stündchen zugeben sollte - pünktlich ist hier die Eisenbahn, nicht aber der Franzose an sich.

Wenn man mit einem Franzosen eine Straße entlang geht, kann es einem passieren dass man ihn auf halber Strecke verliert. Franzosen sind nicht so schnelle Spaziergänger und sehr oft sehr wehleidig was ihre Füße angeht. Wenn man an einer Kasse im Supermarkt steht und vor sich einen Kunden hat der mit Karte zahlen möchte, sollte man sich ebenfalls etwas mehr Geduld antrainieren. Bis das Lesegerät die Karte akzeptiert hat geht einige Zeit ins Land. Die Kassiererin beginnt (ohne Witz) das Putzzeug auszuräumen und macht an ihrer Kasse erstmal klar Schiff. Die Kasse wird gewischt, das Preislesegerät und dann noch das Telefon. Dann ist die Kreditkarte endlich ausgelesen und es geht in aller Gemütlichkeit weiter.

So heute Abend geht es noch ins Kino - eine französische Komödie, die ich inzwischen hoffentlich einigermaßen verstehe. Bis dahin habe ich mir noch die "Liberation" und eine Zeitschrift mit dem Namen "Jeune Afrique" - junges Afrika geholt, an denen ich ein bisschen meinen Wortschatz erweitern werde.

Foto: Die Mosque de Paris ist eine Einrichtung mit Teehaus und Hammam. Leider ein bisschen teuerer als in original Marokko der Tee - aber auf jedenfall ein sehr netter Ort gleich neben Jardin des Plantes.

Samstag, September 23, 2006

Presseschau


Am heutigen Samstagmorgen war ich zunächst auf einem Markt in der Rue du Levis in der Gegend Villiers unterwegs und träumte von gutem Essen (Fleisch!!). Auf einem Flohmarkt in einer ganz anderen Gegend kaufte ich mir später noch ein altes französisches Geographie-Buch aus den 40er Jahren, in dem Frankreich noch mit all seinem Glanz des großen Kolonialreiches dargestellt wird. Lustige Bilder aus Indochina oder Marokko sind da zu sehen und man versteht ein bisschen besser, warum in den Reiseführern zu dieser Stadt steht, dass sie bis Mitte des 20 Jahrhunderts eine kulturell wirklich bedeutsame Weltstadt WAR und heute nur noch mehr oder minder von ihrem Ruf zehrt.
Wenn man sich mit Franzosen trifft muss man oft ein bisschen Zeit mitbringen - sie verspäten sich gerne - und so wartete ich heute etwa eine halbe Stunde länger auf mein Mittagessen und laß dabei eine von den vielen kostenlosen Zeitungen, die hier verteilt werden.

Neben dem Presidentschaftswahlkampf (Angstgegner Le Pen) war mal wieder die noch immer schwelende Gewalt in den Banlieues Thema. Als Bewohner einer solchen Gegend interessiert mich das Thema naturgemäß. Ein kleiner Skandal ist um die Tatsache gewachsen, dass die französische Polizei zur Überwachung von Gegenden, in die sie sich nur noch selten traut, inzwischen fliegende, ferngesteuerte Drohnen einsetzt. Die sehen lustig aus, aber niemand hat den Leuten erzählt, dass solche Geräte zur Überwachung benutzt werden und es klingt ja auch tatsächlich ein bisschen unheimlich und nach Big Brother.

Ich habe mich schon öfter gefragt wie sicher eigentlich meine eigene Gegend - Creteil ist. Der Problemschwerpunkt liegt derzeit im Norden in Seine-St-Denis aber auch bei mir um die Ecke ist mir letztens vorrübergehend recht mulmig geworden.

Drei vermummte Schwarze kamen da auf mich zu, kreisten mich ein und interessierten sich ganz offensichtlich für meinen Rucksack. "Was hast du denn da drin - zeig mal her - mach mal auf!" Ich reagierte ziemlich gereizt und um meine Unsicherheit zu übertönen begann ich relativ laut und aggressiv zu werden. Die drei setzten ihr Spiel noch eine oder zwei unendlich lange Minuten fort und als sie mich leicht verzweifeln sahen, fingen sie an zu lachen und meinten, es wär alles nur zum Spaß und nichts für Ungut.. Sie wollten offensichtlich nur mal das neue Bleichgesicht im Viertel erschrecken. Auch wenn ich eigentlich absolut keine Unterschiede mache, was Hautfarbe angeht - an diesem Nachmittag war mir, sobald ein schwarzes Gesicht mich anschaute, leicht unangenehm zumute.

Foto: Mein Institut an der Uni Creteil von der Metro aus gesehen. Ein ziemlich moderner Bau - sauber und freundlich. Kein Grund zur Klage!

Billig leben in Paris (2) - oder: mal wieder Wochenende


Wie bereits berichtet, belaufen sich Eintrittsgelder für Pariser Clubs in den luftigen Höhen von 15 bis 20 Euro. Da ist man gut beraten ein paar Tricks zu kennen.

Diesen Freitag hatte ich mich kurzentschlossen mit einer Gruppe Deutscher, von denen ich einen bereits kannte, im Le Carré getroffen und wir erzaehlten eine Weile über die kleinen Start-Schwierigkeiten in der ungewohnten Umgebung. Derjenige den ich bereits kannte war der Modeschüler, von dem ich berichtet habe - als Einziger in unserer Gruppe übrigens halb-Franzose und der Sprache absolut mächtig. Ein weiterer war ERASMUS-Student wie ich, jedoch an einer anderen Pariser Uni und der letzte im Bunde schließlich war bereits ein Jahr in der Stadt und machte dies und das - so genau kann ich mich nicht erinnern.

Der Abend wurde später und es stellte sich die Frage wie die Nacht weiter gehen sollte. Hier der Trick: In einigen Pariser cafés und Bars werden am Abend Einladungen für verschiedene Clubs verteilt. So eine Einladung sieht aus wie eine einfache Werbepostkarte - ist aber durchaus bis zu 20 Euro wert. Alles was man nun tun muss ist, damit in einer einigermaßen annehmbaren Verfassung zum Empfang des Clubs gehen und dann den Rest des Abends kostenlos feiern.

Da wir mehr Einladungen gesammelt hatten als wir Leute waren lachten wir uns noch zwei Einheimische an. Die eine Französin verließ uns aber bald wieder - gut gelaunt auf der Motorhaube eines Pariser Taxis reitend.
Mit dem Anderen unterhielten wir uns auf französisch. Während zwei von uns sich richtig anstrengten ein eingermaßen ordentliches Französisch zu sprechen, war unser Halbfranzose schon sehr angeheitert und lallte ein bisschen. "Da! - Du hast überhaupt keinen Accent!" - ja das freut...

Da in den Einladungen keine Getränkegutscheine enthalten sind ließen wir an einem Kiosk auf dem Weg halten und organisierten noch ein paar Flaschen. Aber Vorsicht - hier kommt Tip Nummer 2: Alkohol aus dem Kiosk ist in Frankreich zwar wunderbar billig - aber nach elf Uhr ist öffentliches Trinken auf der Straße polizeilich verboten und wird tatsächlich streng geahndet.

Ganz nebenbei übrigens hier noch Tip Nummer 3 für heute: Alle die ein rauschendes Silvester in Paris feiern wollen seien ebenso gewarnt. Feuerwerk ist hier streng verboten. Das letzte große Feuerwerk zu Silvester gab es in der Stadt zum Jahrtausendwechsel - seither bleibt der Himmel über der Stadt um Mitternacht absolut Dunkel. Wer ahnungslos Knallermaterial aus Deutschland mitbringt und anzündet verbringt den Rest der Nacht mit ziemlicher Sicherheit auf dem Polizerevier.

Foto: Abendstimmung mit Eiffelturm - von meiner Wohnung aus gesehen. Nein - Scherz. Vom Louvre aus gesehen.

Freitag, September 22, 2006

Reingeplatzt

Im Südosten der Stadt, direkt an der Seine liegt das Sanierungsgebiet des 13. Arrondissement. Sanieren ist in Frankreich ein sehr hartes Wort - hier wurde in den letzten Jahren alles neu gebaut. Besonders beeindruckend ist das Gebäude der neuen Bibliotheque de France (erbaut unter Mitterand).

Ich war also auf einer kleinen Fotossafari, als mir auf der großen Terasse der Bibliothek ein großes schwarzes Auto auffiel, dass da augenscheinlich in die Gegend geparkt war. Ah - dürfen die besserverdienenden Bücherwürmer also hier oben an der Sonne parken? Ich näherte mich der Limousine und stellte zu meinem Erstaunen fest: Hier hatte jemand seinen nagelneuen Maybach stehen lassen und nichtmal Chipskrümel auf den Rücksitzen verloren. Ich begann also Fotos zu machen als ich in der Ferne ein sehr vertrautes Fluchen vernahm.

In bestem schwäbisch verlautete da: "Verdammte Scheiße da laeuft schon wieder so ein Kerl durchs Bild". Ich beeilte mich Abstand zu gewinnen, denn der Mann mit dem schwäbischen Stetson auf dem Kopf machte sich schon auf den Weg in meine Richtung. Schließlich winkte er mich zu sich herüber und erklärte mir in höflichem Französisch, dass ich bitte etwas zur Seite gehen solle, sie machten hier gerade Aufnahmen. Achso - naja eben hatte das noch anders geklungen, aber ich beließ es dabei und ließ ihn nicht merken, dass ich seinen anderen Spruch durchaus verstanden hatte. Ich blieb also auf der Seite stehen oder wartete die kurzen Pausen der Fotosession ab um selbst noch ein paar Bilder zu schießen.

Donnerstag, September 21, 2006

Emploi du temps???

Die Erstellung meines Stundenplans macht noch immer einige Sorgen. Heute Morgen bin ich mit dem guten Vorsatz aufgestanden endlich Licht ins Dunkel zu bringen und hab mich zur Uni begeben.
Da konnte man mir aber leider nicht weiterhelfen, all diejenigen die sich angeblich auskennen sind leider nicht da... Aber - ich habe jetzt quasi eine eigene Sekretärin, die für mich versucht einen Termin mit Monsieur Najman zu machen und mich dann anruft... Es ist also nicht so, dass man mir nicht helfen wollte.
Das Problem ist, dass ich nach gründlicher Übersetzungsarbeit (meine Prüfungsordnung vom Deutschen ins Französische) immernoch nur einen einzigen Kurs gefunden habe, der scheinbar (also vom Namen her) an beiden Unis so ziemlich übereinstimmt. Dazu habe ich noch zwei drei Kurse gefunden, die mich interessieren auch wenn ich sie nicht anerkannt bekomme. Dazu kommen weitere 3 Sprachkurse.
Das klingt für mich schon ganz gut - reicht aber in Sachen "Europäisches Punkte-Kreditsystem" vorne und hinten nicht. Die Vorgabe ist 30 ECTS-Punkte pro Semester. Aber was nutzen mir 30 Punkte wenn ich nur 3 anerkannt bekomme?

Naechste Woche beginne ich erstmal diejenigen Kurse, die ich mir jetzt schonmal vorgenommen habe und nach meinem hoffentlich klärenden Gespräch mit Monsieur Najman sehen wir dann weiter.

Mittwoch, September 20, 2006

Essen im Exil (1)


In Frankreich gibt es keine Maultaschen. Und ohne Mikrowelle oder Ofen lassen sich auch sonst nur wenig Fertiggerichte zufriedenstellend zubereiten. Da ist Improvisation gefragt.
Die Zielbedingungen lauten: 1. Das Essen soll satt machen. 2. Es soll unter den gegebenen etwas unzureichenden Bedingungen herstellbar sein und 3. es soll in keiner Weise schmecken wie Nudeln oder Tomatensoße oder eine Kombination aus beidem.

Eine Herausforderung, die in diesem Blog eine neue Serie begründet: Essen im Exil.

Heute gibt es Haché Chèvre - wie alle Rezepte dieser Serie eine Stand-up Improvisation.

Zunächst schmeiße man die Elektrokochplatte an (der Einbauherd ist einfach zu langsam) und gebe zu einem ordentlichen Schuss Olivenöl das gute kleingehackte Suppengemüse. Da sind Zwiebeln, Karotten und verschiedenes Lauchartiges dabei. Das ganze köchelt eine Weile vor sich hin. Die zwei Steak Haché werden geöffnet, also aus ihrer Styropor-Verpackung befreit. Wenn die Karotten etwas weich geworden sind wird das Steak Haché in kleinen Stücken in den Topf gegeben (ach ja: Heute auch noch Bedingung: alles in einem Topf!).
Beim Würzen ist zu beachten, dass es ziemlich viel Salz bedarf um aus Steak Haché ein Stück Fleischteig mit Geschmack zu machen. Häufiges Nachwürzen könnte also nötig werden. Außerdem weiß jeder Student: Mit Kräutern der Provence wird aus jedem Mist noch mindestens Mist à la Provence - also rein damit.

All das riecht schon ganz gut - bleibt die Frage ob es auch Bedingung Nummer 3 erfüllt: Sättigung. Kurzer Hand wird aus Haché-Legumes Haché-Chèvres.
Im Kühlschrank lag doch noch der Schafskäse, den vor zwei Wochen ein gewisser Besuch aus der Heimat voll Begeisterung gekauft, dann aber in eben diesem Kühlschrank liegen hat lassen. Ein gutes Viertel wird ebenfalls noch in den Topf gegeben und verleiht dem dann bald vollendeten Gericht seine französische Note.

Das ganze wird angerichtet (auf einem flachen Teller - auch wenn das mit dem vielen Öl knapp wird) mit etwas Baguette vom Morgen. Als Getränk empfiehlt sich - schon aus Mitleid mit dem eigenen Verdauungstrakt - ein Glas Multivitamin-Saft. Bon appetit!

Foto: Aus meiner Lieblingsstrasse - Rue Faubourg-St Denis

Montag, September 18, 2006

Der Nebel lichtet sich langsam


Heute war das große Meeting mit Boris Najman - der italienisch, russisch, portugiesisch und englisch spricht - aber leider kein Deutsch. Naja damit war zwar allen außer mir und dem Tschechen geholfen aber es ging auch auf Französisch.
Der Nebel lichtet sich schwerfällig, ganz langsam nimmt das nächste Jahr Konturen an. Noch immer weiß ich nicht viel über meinen Stundenplan, ich habe aber langsam eine Idee wie ich dahinter kommen könnte.
Ich weiß, dass gerade mal wieder alles an der Carte d'Etudiant scheitert: Meine Anmeldung zum Sprachkurs, mein Internetanschluss zuhause, meine Bibliothekskarte und der Zugang zum Uni-Netzwerk. Aber die bürokratischen Mühlen mahlen langsam und die Carte d'Etudiant lässt noch etwa eine Woche auf sich warten.
Ich weiß außerdem, dass am Jeudi die emploi du temps abgenommen werden - das heißt bis dahin muss ich einen sinnvollen Vorschlag dessen unterbreiten, was ich mir unter einem lehrreichen Jahr in Paris vorstelle. Nichts ist für die Ewigkeit, sagt Boris Najman, man kann alles nachher noch tausendmal umstellen. Wir sollen darauf achten, dass unsere Institute in der Heimat die Kurse vielleicht auch anerkennen. Damit wären wir aber wieder bei Problem eins - denn ohne genaue Lehrpläne keine Anerkennung - ohne Internet (siehe Carte d'Etudiant) keine Lehrpläne.
Ich weiß als drittes welche Kurse der sympathische Monsieur Najman anbietet und dass wir in die auch reinkommen, wenn wir nur sagen, dass wir von ERASMUS sind. Das ist immerhin ein versprechen, das auch ohne Carte'Etudiant auskommt. Somit stehen meine Fächer "Francais économique" und Entwicklungspolitik schon mal fast fest.
Anschließend bin ich nochmal im UFR Urbanisme (sowas ähnliches wie Stadtgeographie) reingeschneit und hab dort ein bisschen mit einer der Sekretärinnen (oder Dozentinnen?) geschnackt. Hier ist alles noch ruhig, die Etudes beginnen erst im Oktober, na klar - ich darf auch hier Kurse besuchen.

In Frankreich ist die Bürokratie immer etwas flexibel ausgelegt, heute war ja das große Treffen für ERASMUS-Jünger aber leider auch schon der Erste Arbeitstag für BWL-Studenten. Mit einem verlegenen Lächeln werden die dann gebeten nach der Veranstaltung bitte gleich ihre Räume aufzusuchen - für Stundenplan vorerst keine Zeit.
Die meisten Studenten kommen mit diesen kleinen Problemen gut zurecht - vor allem diejenigen aus Süd- und Westeuropa. Deutsche akzeptieren die Situation vielleicht mit einem Kopfschütteln - Osteuropäer könnten sich darüber aufregen!
Der Tscheche flippt aus als die Sprache auf Monsieur Pons zu sprechen kommt. Der ist für die Unterbringung zuständig und macht nach Ansicht des Tschechen gar nichts. In Tschechien liefe das alles viel besser! Wenn man da eine Reservierung macht dann gilt die auch! Dass die Verhältnisse in Tschechien vielleicht ein bisschen beschaulicher sind, als in Paris, versucht Boris Najman dem aufgebrachten Neu-Europäer vergeblich klar zu machen.

Foto: Eine Tafel mit Reisezeiten durch die neue TGV-Route nach Deutschland. Wer genau hinsieht merkt, dass Saarbrücken (Sarrebruck) in Zukunft näher an Paris denn an Frankfurt liegt.

Sonntag, September 17, 2006

Wie Praktisch: Einheimische kennen


Parc de Boulogne - nicht Bois de Boulogne. Jaja sehr süß, wie diese Deutschen alles durcheinander bringen. Also unser Open-Air-Kino-Abend findet in der Stadt Boulogne, direkt vor den südwestlichen Toren der Stadt statt - und nicht, wie ich geglaubt hatte, im berühmten Bois de Boulogne.
Star Wars, dritter Teil steht auf dem Programm, mit von der Partie sind Nicolas, den ich hier vor zwei Wochen kennen gelernt habe und zwei seiner Freundinnen. Der Film ist auf französisch aber ich komme schon gut mit. Ich habe das Gefühl, dass mein Französisch schon viel besser geworden ist. Auch wenn sich die drei anderen über ihre Arbeit an der Uni unterhalten, verstehe ich fast alles und kann auch ein bisschen mitreden. Wenn mir ein Wort fehlt, bekomme ich es sofort erklärt - es findet sodann Eingang in die immer länger werdende Liste neuer Vokabeln in meinem Carnet, das ich stets in der Hosentasche trage.

Ein Gesprächsthema des Abends sind natürlich auch ERASMUS-Austauschprogramme. Die Schwierigkeit die jeder kennt, der an diesem Austausch teilgenommen hat ist, im Gastland Anschluss an Einheimische zu finden. Auch am Eröffnungstag in der Uni habe ich neben mir fast niemanden getroffen, der schon Franzosen in Paris neu kennen gelernt hätte. Pariser haben nun mal schon ihre Freundeskreise und sehen keine Notwendigkeit darin, neue Leute kennen zu lernen, zumal die anfangs kaum französisch reden. In Mainz fanden ERASMUS-Studenten vor allem im Wohnheim Anschluss und blieben ansonsten auch eher unter sich. In meinem Pariser Wohnheim wohnen keine französischen Studenten - umso mehr Glück hatte ich wohl bisher. Der Trick ist meistens, sich über gemeinsame Interessen über den Weg zu laufen - so hat sich mein Mitbewohner gleich in mehreren Capoeira-Clubs umgeschaut.

Wir bleiben an dem Abend noch eine Weile bei einer von Nicolas' Freundinnen in ihrer Wohnung in Boulogne (viel geräumiger als diese kleinen Stadtwohnungen) und so sitze ich am Ende in der Metro Nummer 8, die leider nicht mehr bis Creteil sondern nur noch bis zum Place de la Republique fährt. Da rechnet es sich sofort, dass ich seit heute ein französisches Handy (le portable) besitze und schon Leute in der Stadt kenne, bei denen man in solchen Fällen auch mal übernachten kann.

Foto: Am Nachmittag stehe ich unvermittelt in der Pariser "Love Parade" - die hier sicherlich anders heißt aber auch sehr groß ist.

Samstag, September 16, 2006

Die bessere Wohngegend


Am Nachmittag besuche ich einen frisch eingeschriebenen Schüler einer Pariser Modeschule (das sind so Leute, die man wahrscheinlich nur hier kennen lernt) und beschließe danach noch ein wenig die Gegend zu erkunden. Der Pariser Norden, indem ich mich gerade befinde, westlich des Gare St Lazare ist stellenweise sehr wohlhabend. Man erkennt die Qualität der Wohngegenden hier am Zustand der Treppenhäuser (nicht an der größe der Wohnung, jene, die ich heute besucht habe ist wenig größer als unser Bad) und am Geruch, den die Passanten verströmen, wenn sie (wie in diesem Fall an der Station Malesherbes) aus der Metro steigen.

Etwas südlich durchquere ich den sehr akkuraten Park de Monceau um den herum die stattlichen Anwesen der "haute Bourgeoisie" im Dämmerlicht stehen. In den Brasserien der Gegend essen wohlhabende französische Großfamilien in feinen Abendgarderoben und deren Jugend zumindest im Polohemd zu Abend. In manchen Fenstern sieht man schick eingerichtete Wohnstudios, viele teure deutsche Autos stehen in den Straßen und kaum ein Tourist stört die ruhige Atmosphäre.

Heute haben wir unseren Mietvertrag unterschrieben. Langsam kenne ich mich aus mit den ganzen Abkürzungen wie CAF (da kriegt man Wohngeld), RIB (das ist der Wisch mit meiner Kontonummer), aljt, AFPS oder DELCIFE...

Als nächstes steht das zweite Wochenende in Paris an - und es soll billiger werden als das erste. Am Samstag-Abend ist Freiluft-Kino im Bois de Boulogne geplant - das ist umsonst, genau wie die Modenschauen in den Grand Magasins, wo derzeit der best-gedresste Hund der Stadt gekührt wird. Es gibt also viel zu tun.

Foto: Wie der Hauseingang, so die Wohngegend: Dieses Beispiel ist allerdings der Eingang zu einer Gruft auf dem Friedhof Montparnasse.

Donnerstag, September 14, 2006

Erstmal Uni

Heute großer Einführungstag in der Uni. Um 9.30 heute Morgen wurden wir alle ins große "Amphitheatre" geladen - sprich in den Hörsaal des Economie-Gebäudes. Alle möglichen Berühmtheiten der Universität stellten sich da vor - als Monsieur Pons aufgerufen wurde, von dem wir alle unsere E-Mails erhalten hatten, ging erstmal ein Raunen durch den Saal.

Anschließend wurden wir auf verschiedene Gruppen verteilt die dann von französischen Studenten durch das Uni-Gelände geführt wurden.
Heute habe ich zum ersten mal andere deutsche ERASMUS-Studenten kennen gelernt (mal abgesehen von meinem Mitbewohner), auch zwei die Eco machen und die genauso wenig Ahnung von ihrer Fachbelegung haben wie ich. Es ist ein bisschen merwürdig, dass die Studenten aus all den anderen Ländern - zum Beispiel Portugal - wunderbar mit diesem französischen System zurechtkommen. Sie wissen genau welche Scheine sie hier machen und welche sie in ihrem Heimatland dafür anerkannt bekommen. Nur die Deutschen scheinen hier nicht ganz kompatibel zu sein.

Man spricht an dieser Universität von Jahren, weniger von Semestern. Für jeden Studenten ist festgelegt welche Fächer er in welchem Jahr macht. Diese Reihenfolge ist in Deutschland nicht vorgegeben - ein Grund für die Konfusion. Ein anderer ist, dass der Übergang von Licence zu Matiere - also von Grund- zu Hauptstudium, scheinbar nicht auf absolut vergleichbarem Niveau stattfindet. Werde ich also Licence-Fächer belegen oder Matiere-Fächer?

Darüber habe ich heute noch keine Klarheit gewonnen, am Montag ist aber Sprechstunde bei Monsieur Najman, dem zuständigen Koordinator. Heute haben wir vielmehr gut gegessen und danach ein bisschen mit unseren Französisch-Kenntnissen kokettiert. Ein Test - zunächst ein Essay und dann ein Interview mit einem der Lehrer wurden abgehalten.

Nach meinem Interview stellte man mir frei, gleich in die Superieur-Klassen zu gehen oder erst in das mittlere Niveau einzusteigen und später in das höhere überzutreten. Mit Option eins hätte ich im zweiten Semester kein Französisch-Unterricht mehr. Das klingt gut - da ich aber nicht weiß, wie viel ich in Eco überhaupt zu tun haben werde, sammle ich lieber mit ein paar mehr Französisch-Kursen Punkte. Nicht dass mir am Ende hier noch langweilig wird.

Die Uni macht einen freundlichen Eindruck, und auch wenn gelegentlich die Organisation ein bisschen schwerfällig scheint, so ist es doch nicht die große Katastrophe die manche prophezeit haben. Vor allem das Gebäude von Eco ist modern und hat auch eine große Bibliothek. Mal schauen wie das hier weitergeht.

Viele Erasmus-Studenten sind gerade erst eingetroffen und haben noch kein einziges Wort französisch geredet. Auch heute haben sich gleich die Grüppchen nach Nationen aufgeteilt. Ich hoffe, dass das alltägliche Uni-Leben noch ein paar mehr Möglichkeiten für Nationalitäten-überschreitende Bekanntschaften bereithält - ansonsten halte ich mich eben erstmal an die paar Franzosen die ich schon kenne.

Heute Abend zum Beispiel gehts zu einer Soirée DVD - ein DVD-Abend.

Fotos: Das Französisch-Interview und die Warteschlangen vor den französischen Interviewern.

Mittwoch, September 13, 2006

Carrefour und Alltag

Gestern ist mein Mitbewohner nach einem längeren Wochenende wieder ins Wohnheim zurückgekommen. Er hatte einen Dolmetscher-Job in Frankfurt. Inzwischen hat er seine Fluchtpläne aus dem Wohnheim aufgegeben und wir wollen uns nun endgültig auf die nächsten vier Monate hier einrichten.

Dazu waren wir erstmal im Carrefour einkaufen. Der Carrefour ist so etwas wie Babylon, der Sündenfall oder so irgendetwas biblisches - etwas, das ganz freundlich daher kommt und einen dann total aufs Ohr haut. Schon wieder 32 Euro gelassen - für ein bisschen Saft, ein bisschen Wurst und noch was Süßes. Französische Supermärkte sind eben einfach der Hammer. So etwas unfranzoesisches wie Chips gibt es hier nicht nur in den Sorten salzig, Paprika und Kräuter der Provence - sondern auch mit dem Geschmack "Hähnchen in Thymian-Kruste"... (kein Witz!)
Wir sind dann bei den Chips in den Geschmäckern "geräucherter Schinken" und "Olive" geblieben.

Heute frueh war ich dann noch bei der Bank: Ein neues Konto eröffnen eröffnet auch gleich ein ganz neues Wortfeld der franzoesischen Sprache. Meine Bankangestellte war aber freundlich und hat sich Mühe gegeben. Sie sprach langsam und hat fuer alle möglichen Woerter eingängige Umschreibungen gefunden. Jetzt fehlen nur noch so kleinigkeiten wie mein Studentenausweis, ein Vertrag mit dem Wohnheim und eine neue Handy-Karte. Außerdem lassen wir uns vielleicht noch Internet hierein legen. Ich schätze mal in einer Woche ist das gröbste geschafft und ich kann mich in aller Ruhe auf mein erstes Semester hier freuen.

Montag, September 11, 2006

Tea-Dance

Zum dritten Teil meiner Wochenend-Ausgeh-Trilogie. Les Bains-Douches sind ein neuer Club (und an anderen Tagen auch ein Restaurant) in der Rue du Bourg L'Abbé im dritten Pariser Arrondissement. Schon der großzügige Eingang mit seinen roten Stoffbahnen und Empfangsdame in der Eingangshalle (neben den obligatorischen Empfangsherren - sprich "Security") machen einiges her. Der Club ist in seinem Innern schick und modern durchgestylt mit Videoinstallationen, weißen Wänden sowie blauem und rotem Licht. Wir sind hier heute zum Tea-Dance - das heißt es geht los um acht und nicht länger als etwa ein Uhr, denn dann wechselt man in die klassischen Nachtclubs (wir heute nicht, es ist Sonntag, ich bin heute Abend sowieso schon schwer aus den Federn gekommen). Angesichts der aufwendigen Gestaltung und der guten Musik ist es umso erfreulicher, dass der Eintritt bis neun Uhr frei ist und das ist auch das eigentliche Argument für den Club an diesem Abend.

Wie komme ich an die Adresse? Nunja, ich wäre wohl hilflos ohne meinen ortskundigen Begleiter, Arnaud. Der wird praktischerweise an einer der Grands Ecoles zum Dolmetscher für Deutsch (neben Polnisch und Englisch) ausgebildet und spielt derzeit Privatlehrer für mich. Er lässt mir keinen grammatischen Fehler durchgehen und ammüsiert sich an meinem deutschen Akzent. Ich habe ihm noch nicht von seinem Akzent erzählt. "Könntest du bitte ordentliches Französisch sprechen?" - ich versuche es ja. In der Eile habe ich heute leider mein Carnet für neue Vokabeln vergessen, andererseits ist Heftführung auf Tanzflächen nirgends sonderlich angesehen - ergiebig wäre der Abend sicherlich geworden.

Auch dabei ist ein Freund von Arnaud, Simon (leicht zu merken), der ebenfalls schon ein halbes Jahr in Deutschland verbracht hat, sich aber weigert zuzugeben, dass er Deutsch versteht. Ohnehin ist es erwünscht, dass die vorrangige konversations-Sprache Französisch ist. Nur wenn ich später am Abend langsam Hirnkrämpfe kriege oder es gerade sehr schnell gehen muss ist Deutsch ok.

Vorteil an einem Abend mit Tea-Dance ist, dass man noch die letzte Metro nach Hause erwischt. Von Les Halles bringt sie mich aus dem Wochenende nach Creteil zurück, wo am nächsten Tag der "Alltag" beginnt - mit putzen und französischen E-Mails auf dem Programm. Beim Umsteigen in Reuilly-Diderot gibt es eine kleine Wartezeit, die ein Schwarzer in langem Gewand dazu nutzt, den Passanten zu erklären, wie schlimm die Zustände in Afrika sind und dieser Monsieur Sarkozi - il est nul! Stolz seinen Monolog weitgehend verstanden zu haben fahre ich nach Hause und bin mit meiner ersten Woche in Paris mehr als zufrieden.

Foto: Champs-Elysee bei Nacht

Sonntag, September 10, 2006

La Nuit des Follivores


Das zehnte Arrondissement, genauer zwischen Gare de L'Est und der Metrostation Straßbourg-St. Denis erinnert ein bisschen an eine Mischung aus Bombay und Casablanca. Restaurants heißen Best Africa und hier findet man auch diverse Reiseagenturen lybischer Fluggesellschaften. Es ist ungemein belebt, Gemüsegeschäfte, Teestuben und Männer in langen Gewändern. In dieser Gegend, irgendwo in der Rue de Paradis (die so nur heißt), im Hinterhaus, 4. Stock, erste Tür verbarg sich aber doch eine sehr nette Studentenbude mit Blick auf viel Hinterhofatmosphäre und von dort brachen wir auch zu meinem ersten Nachtclub auf.

Der Abend nannte sich "La Nuit des Follivores" (klingt ein bisschen... naja, ich hab es nicht übersetzt) und trug sich zu, irgendwo in der Nähe der Rue Oberkampf, genauer kann ich es jetzt auch nicht mehr sagen. Abende dieser Art beginnen etwa um Mitternacht und kosten das kleine Vermögen von 17 Euro (Eintritt plus ein Getränk). Der Abend stand unter dem Motto "französische Pop-Musik seit dem zweiten Weltkrieg oder zumindest nur wenig später". Sprich von "la musique electronique" bis zu jenen Stücken, bei denen man vor seinem inneren Auge Louis de Funès in einem alten Citrôen französische Landstraßen entlangfahren sieht, war alles geboten. Der Vorteil gegenüber deutscher Popmusik besteht darin, dass ich hier noch nicht alle Stücke auswendig kannte.

Der Club war früher wohl ein Theater mit einer 2-stöckigen Galerie für die besser zahlenden Gäste gewesen. Da wo einst die Zuschauerränge waren, tanzten jetzt tausende "Franzpop-Jünger" und in der Galerie gab es die Bar und einige Sitzplätze. Auf der Bühne werkelte der Dj und sogar auf dem Männerklo gab es lange Schlangen.
Um halb zwei war der Laden mehr als voll und die Stimmung auf der Höhe. Einen kurzen Moment absoluter Nüchternheit erlebte ich allerdings, als ich eine Dose Cola erstehen wollte und der nette Barkeeper neun Euro als Preis nannte.

Um halb 5 Standen wir am Place de la Bastille - und wunderten uns, warum wir nicht am Place de la Republique standen. Etwa eine Stunde später spuckte uns der Nachtbus N01 am richtigen Ort aus - nach einer Runde durch die ganze nächtliche Stadt (es war so spät, sogar im Louvre hatte man das Licht ausgemacht, das den Palast sonst immer so großartig anstrahlt).

Foto: Rue du Faubourg St. Denis, eine lebendige Paralellstraße zum Blvd. de Straßbourg, quasi die Gegend aus meinem Bericht, am nächsten Morgen fotographiert.

Französisch lernen (3)

Heute: Methodik

Gestern habe ich mir im Carrefour um die Ecke ein kleines Vokabelheft gekauft, das in meine Hosentasche passt und das ich jetzt stets bei mir trage. Zufällig, wie mir die Dinge begegnen schreibe ich neue Wörter oder auch grammatikalische "Kniffe" dort hinein.

Hier ein Auszug der ersten Seite, also die allerersten Worte, die ich mir auf diese Weise einpeprägt habe:
la moitié - die Hälfte
se lever - aufstehen
mignon - süß, putzig
LE coca - DIE Cola
LE Metro - DIE Metro
idiotie,f. - Idiotie
mensonge, m. - Lüge

Wer mir jetzt in den Kommentarbereich eine schlüssige Geschichte reinschreibt, wie mir diese Worte nacheinander alle begegnet sind, dem gebe ich bei einem Besuch in Paris gerne eine 4-Euro-Cola aus...

Samstag, September 09, 2006

Paris - en boite




Paris am Wochenende ist natürlich eine besondere Herausforderung. Vielleicht hat der geneigte Leser bereits gemerkt, dass die neuen Artikel nicht mehr abends sondern jetzt erst morgens oder mittags eingestellt werden. Das kann damit zu tun haben, dass ich in den letzten Tagen die Abende anderweitig verplant hatte.

Wer ins Kino möchte ist an der Metrostation Odéon gut aufgehoben. Am Place Odéon gibt es gleich mehrere Kinos, die Gegend hier am linken Seine-Ufer (am Blvd st. Germain, nahe der Sorbonne) bietet ein ganzes Kino-Cluster. Die Kinos sind meist nicht sehr groß und man muss vorher nachschauen wie sich die verschiedenen Blockbuster auf die Kinos verteilen.

Nicht gerade ein Blockbuster war der Film den ich gestern gesehen habe - "Les Particules Elementaires" - ein ausländischer Film - gottseidank mit französischen Untertiteln, man ist dieses komplizierte Deutsch ja gar nicht mehr gewohnt...
Spaß bei Seite, wer sich in das Thema Film noch weiter hineinsteigern möchte findet ganz in der Nähe, nämlich in der parallel verlaufenden Rue Serpente auch verschiedene Geschäfte zum Thema - Film-Buch-Läden, Film-Plakat-Läden und so weiter - wenn ich nur besser französisch spräche hätte ich mich dort längst eingewiesen.

Die ganze Gegend (weniger der Boulevard selbst - nur Touristen!) aber die Seitenstraßen in nördlicher Richtung bieten auch noch einige schicke Bars und Cafes, die allerdings preislich auf dem teuren Pariser Niveau liegen.

Günstiger geht das im Marais, wo sich gewisse Randgruppen eingenistet haben, man für ein paar neugierige Blicke aber weniger bezahlt. Ich ziehe es vor hier nur in Begleitung unterwegs zu sein, dann ist es aber wirklich eines der besten Ausgeh-Viertel, das ich bisher kenne (und nicht super-touristique - wie der Pariser zu so manch anderem "In-Viertel" sagt). Das Le Carré habe ich schon ausprobiert und hier trifft man auch tatsächlich das jüngere Pariser Party-Volk an.

Neben Cafes und Kinos gibt es natürlich noch ein paar andere Kategorien, wenn man "en boite" - also auf Piste geht. Da gibt es noch den Tea-Dance und die klassischen Nachtclubs. Tea Dance sind Läden ähnlich einem Nachtclub, nur die Betriebszeiten sind leicht nach vorne verschoben und ermöglichen so noch die gemütliche Heimreise per Metro. Nach etwa ein Uhr wechselt man schließlich ins bekannte "le Queen" oder in einen der vielen anderen Nachtclubs. Ich selbst habe noch keinen Nachtclub ausprobiert, ich sage mal, das Wochenende ist noch jung... (heute Abend bin ich eingeladen auf eine Party zum Thema französische Musik - mal sehen)
Mein Mitbewohner allerdings war schon unterwegs und berichtet, dass es durchaus schwierig sein kann, ohne weibliche Begleitung oder mit schwarzer Hautfarbe Einlass zu kriegen. Außerdem liegen die Eintrittspreise bei saftigen 10 bis 20 Euro. Welche wunderbaren Vorzüge sich hinter diesen etwas abschreckenden Fakten stecken, wird der neugierige Reporter (ich) ein andermal berichten.

Zu den Fotos:
Heute gibts ein bisschen Creteil aufs Auge, auf dem Weg von der Metrostation in mein Wohnheim hab ich ein paar Fotos gemacht. Das beste an diesem Viertel, das man mit der Metrolinie 8 in etwa einer halben Stunde vom Place de la Bastille erreicht ist sicherlich sein Carfour! Dieser riesen-Supermarkt bietet alles was Aldi nicht hat! Frischen Fisch, 4 Regale mit Süßigkeiten, warme Speisen, Soup de Poisson in Flaschen etc etc. Angesichts des teuren Wochenendes gilt hier mehr denn je die Maxime: Niemals hungrig einkaufen gehen!

Freitag, September 08, 2006

Ganz kleine Party

Eine Soirée ist keine Party, nach der man verkatert und mit mittelgroßen Erinnerungslücken in einem unbekannten Bett aufwacht. In unserem Wohnheim ist eine Soirée ein wohlorganisierter Abend, der ein bisschen Nestwärme entstehen lassen soll. Das ganze erinnert an die Zivischule, wo auch ein Haufen vollkommen unterschiedlicher Menschen (die wenigsten hier sind Studenten, sondern vielmehr junge Arbeitnehmer, meist Schwarze, die befristet in Paris sind) anhand allerhand Aktivitäten und Projekte aus der Anonymität in eine kleine Gemeinschaft auf Zeit eingebracht werden sollen.

Auch die Rollenverteilung ist klassisch: Madame mit der schrillen Stimme und dem vielen Humor (beaucoup d'humour) baut den Tisch mit den kleinen Snacks auf (la Vache qui rie, Chips, Cola, Salami) und beginnt mit ihrem Vortrag über die breitgefächerte Culture, an der man teilnehmen kann. Es gibt den Foto-Wettbewerb (bei dem ich jetzt mitmache), einen Kursus für Filme und einiges mehr.

Dann ist da der große, stets mit Trainingsanzug herumlaufende "Sportlehrer". Eigentlich ist er ja nur für Freizeitgestaltung zuständig (ja dieses Wohnheim hat unheimlich viel Personal!) und so kümmert er sich um die Wohnheim-Fußballmannschaft und die Fitness-Raum-Schlüssel (ist das alles? Nein zu seinem Aufgabengebiet gehört auch, jeden Montag die Videoaufzeichnungen über das Wohnheim vom Wochenende anzuschauen).

Weitere Rollen sind vor allem statisch: Das Croud besteht aus den neuen Wohnheims-Insassen (Ja seitdem wir wissen, dass wir gar nicht ausziehen DÜRFEN, kann man das so sagen. Mein Mitbewohner schmiedet schon Flucht-Pläne). Es steht zunächst etwas zurückhaltend außenherum und lässt sich nur langsam von der überschäumenden Aktivität, vor allem von Madame - der Sportlehrer bleibt cool und beginnt schon mal das Buffet zu leeren - anstecken.

Nach und nach wandelt sich der Vortrag in eine Art vorsichtigen Dialog. Man kommt ein wenig ins Gespräch, sehr tief dringt aber niemand. Immer mehr Leute trauen sich ans Buffet, ich übernehme die "Vache qui rie". Der Abend löst sich alsbald in Wohlgefallen auf, mal schauen, ob ich beim Foto-Wettbewerb was reißen kann. Als erster Preis winken Tickets für Eurolines aller-retour (ich habe leider nicht verstanden wohin).

Von dieser Halli-Galli-Drecksau-Party noch schnell zu dem zweiten Thema des Tages: Mit meinem Correspondant aus alten Zeiten und einem Kommilitonen seinerseits war ich heute in Sully - das ist auch so irgendwo beim Marais - unterwegs. Vor dem alte Lycée des Kommilitonen haben wir uns auf Frandeutsch über die unterschiedlichen Anforderungen an Schüler in Frandeutschland ausgetauscht und später noch eine Fotoausstellung besucht. Die Fotos waren schön, aber das Konzept habe ich nicht verstanden.

Foto: Lycee Charlemagne im "Vierten", sowie eine deutsche Buchhandlung (merken!) direkt am Nordende des Platzes vor dem Centre Pompidou.

Mittwoch, September 06, 2006

Konversation


Heute habe ich das erste mal ausgiebig die französische Konversation geübt. Mit einem echten Franzosen in einem netten Cafe im vierten Arrondissement (oder "im Vierten", wie wir Insider sagen). Der sprach neben französisch auch noch ungarisch, polnisch und deutsch, was manchmal weitergeholfen hat. (Ist ein Auslandsjahr etwas besonderes? nein - wie man an diesem Beispiel sieht, erreicht man damit höchstens Mittelmaß: Mein Gesprächspartner studiert wenig länger als ich und war schon in Polen, Ungarn und Berlin, mein Mitbewohner hat bereits ein Jahr in Los Angeles und ein anderes in Osaka hinter sich - ja er spricht fließend japanisch und hat am kommenden Wochenende einen Dolmetscher-Job in Frankfurt.)
Anschließend haben wir es noch tausenden anderen Franzosen gleich getan und den Nachmittag im Jardin du Luxembourg verbracht. Auf dem Rasen tummelten sich beachtlich viele Kindermädchen mit ihrer Brut und an herausragender Stelle übte sich ein ausnehmend hübscher und von sich selbst sehr überzeugter Schwarzer in Capoeira.
Es ist schon wirklich recht unterhaltend, länger dort auf dem Rasen zu sitzen und den Leuten zuzusehen. Am Capoeira-Afrikaner jedenfalls übte ich mit meiner Begleitung das Wortfeld "Körper" (la jambe - das Bein, le bras - der Arm, le talon - die Ferse), und auf den Kieswegen tummelten (oder besser "prügelten") sich die Gendarme mit den Kriminellen. So ein Krimineller kann ziemlich austeilen, so ein Polizist ziemlich einstecken, aber am Ende gewinnt eben doch der zahlenmäßig stärkere Arm des Gesetzes.
Außerdem war ich heute beim Friseur. Mein Französisch mag für Konversation ausreichend sein, für den Friseur auf keinen Fall - jedenfalls bin ich nicht zufrieden mit meiner neuen Frisur. Deshalb gibt es heute übrigens auch kein Foto von mir (sondern: Boule-Spieler im Jardin du Luxembourg).


Dafür:
Billig leben in Paris (Folge 1):

Wenn man auf dem Blvd St Germain Hunger verspürt und sich gerade auf der Höhe Blvd St. Michel befindet, muss man sich nicht in eines der sehr teuren Cafés am Boulevard setzen. Man biege direkt neben dem Hotel Cluny in die Rue de la Harpe ab und besuche eines der hier ansässigen Bistrots, die eine "Extra Pita" für 4 Euro, eine Cola für 1,60 (in der Canette - das heißt "kleine Ente" oder in diesem Fall "Dose") oder sogar eine Kombination aus Sandwich und Getränk für nur 3 Euro anbieten. Vorsicht: Nur etwas weiter gerät man in die Touristenlokale des Quartier Latin, wo man zwar billig, aber eben auch "nicht gut" isst.
Ganz in der Nähe am Place St. Michel gibt es übrigens außerdem eine Buchhandlung mit deutscher Literatur.

Dienstag, September 05, 2006

Wohnzwang


Jetzt steht es fest: Die nächsten vier Monate werde ich mit Enno zusammen mein Doppelzimmer teilen. Die Koordinatoren von ERASMUS sowie des Wohnheims hier haben erklärt, dass die Erteilung eines Platzes im Wohnheim bindend ist - für mindestens ein Semester.
Das und vieles mehr haben wir bei unserem Trip an die Uni heute erfahren. Wir waren auch schon im Gebäude für Wirtschaftswissenschaften und haben einen weiteren Stoß Formulare abgeholt, die alle in den nächsten Tagen ausgefüllt und eingereicht werden sollen.
Die Universität ist eine Betonwüste frei nach Le Corbusier. Demnächst werde ich dorthin auch mal meinen Foto mitnehmen um euch einen Eindruck zu verschaffen. Der Beton-Hochhaus-Block umrahmt einen Beton-Hof und dieser mündet auf die Autobahn, die man mit einer Beton-Passarelle überqueren kann. Auch das Wirtschaftsgebäude ist ein Traum aus Waschbeton aber immerhin etwas moderner im Dessin.
Monsieur George Pons, der lustige Franzose, redet schnell und mit vielen Gesten und das meiste habe ich gut verstanden. Er rollt die Augen, wenn er etwas über Organisation und Fristen erklärt und vermittelt das Gefühl, dass das hier alles nicht so wichtig ist. Verbindlicher war da schon die Dame aus der wirtschaftlichen Fakultät. Mit einem weiteren Monsieur soll ich zwecks Semesterplanung per E-Mail Kontakt aufnehmen, am 25. September soll es dann los gehen. Das Gebäude für Rechtswissenschaften - dem Studienfach meines Mitbewohners - haben wir noch nicht finden können. Nach einer Stunde Suche im halben Stadtviertel haben wir aufgegeben und sind fürs erste wieder ins Wohnheim gefahren.
Nun müssen wir uns hier also dauerhaft einrichten. Haushaltskasse, koordinierte Lebensmitteleinkäufe. Naja - man kennt das ja aus dem Wohnheim in Gonsenheim. Donnerstag Abend ist die erste Wohnheim-Party und die ultimative Chance endlich auch mal Franzosen kennen zu lernen.
Die dürften hier übrigens fast genauso fremd sein, wie alle übrigen Ausländer, denn Creteil ist fest in der Hand von Schwarzen. Das ist nicht negativ, alle sprechen sie französisch, die meisten besser als ich und freundlich sind sie obendrein. Die Damen sind oft mit bunten afrikanischen Gewändern unterwegs und im Lidl geht es etwas anders zu als in den deutschen Filialen der Gruppe: Immerhin steht hier Samuel L. Jackson, oder sein etwas weniger erfolgreicher Zwillingsbruder, dem Laden vor.

Zum heutigen Foto: Unser Zimmer am Tag 5 in Paris.

Montag, September 04, 2006

Paris moins cher




Alle Probleme und Unsicherheiten bei Seite - erstmal Paris Sightseeing. Von Creteil geht es mit der Metrolinie 8 in etwa einer halben Stunde in die Stadt. Die Metrostation liegt etwa 5 Minuten von meinem neuen Heim entfernt - in der Tat also kein großer Aufwand, wenn man schnell mal den Eiffelturm sehen will. Billig ists obendrein - und damit eine große Ausnahme in Paris.
Für ein Bier nicht unter 4 Euro - aber gerne auch mal 10 - nimmt der Kellner an jeder Ecke. Das Geld verlässt Dünnpfiff gleich unser Portemonnaie, wie Menschen guten Gewissens in dieser Stadt wohnen können scheint schleierhaft. Doch sie tun es: Und sie parken auch gerne mal ihren neuen Mercedes in zu kurze Parklücken ein. Das dotzt vorne und hinten ein bisschen, amüsiert den unkundigen Touristen, regt aber ansonsten weder den vorne, noch den hinten Parkenden weiter auf.
Für Nachtclubs Eintrittspreise von 20 Euro, jedes Getränk weitere 10 Euro. Wie bitte soll das ein Jahr lang auszuhalten sein? Ich beschließe in meinem Blog die Rubrik "billig Leben in Paris" einzuführen. Die erste solche Folge erscheint, sobald ich was billiges gefunden habe.
Mein Mitbewohner hat sich zu erkennen gegeben! Während er sonst immer schon schlief oder aber gar nicht anwesend war, wenn wir mal zu Hause waren, ist er nun - da sein und mein Besuch wieder weg ist - available. (Folglich gab es keine Probleme mit der Unterbringung meines Begleitkommandos)
Sein Name ist Enno und er will so schnell wie möglich hier wieder raus. Ein Doppelzimmer - so hat er sich Paris nicht vorgestellt! Ich warte mal ab und schaue was dem folgt. Wieder ein Mitbewohner? Ein Netter? Gar keiner?
Ansonsten läuft die Kooperation aber erstmal ganz gut. Sein Französisch ist nicht so gut, dafür hat er heute die Sauce zu unseren Nudeln beigesteuert. Morgen gehts an die Anmeldung in der Uni und zur Vertragsunterzeichnung im Wohnheim. Ach ja - ein neues Bankkonto soll es auch noch geben.
Das wars wieder für heute. Ja, das Afrika-Feeling in meinem Viertel wird ein andermal behandelt. Dafür gibts heute ein paar nette Bilder aus dem Themenrahmen "Touristen in Paris". Bis dann vielleicht...

Samstag, September 02, 2006

Mein großer Tag

Heute Aufbruch nach Paris! Als ich am Abend zuvor im Bett liege kommt für einen Bruchteil einer Sekunde der verwerfliche Gedanke auf, dass ich hier zuhause ja eigentlich auch ein verdammt schönes Zimmer habe - dass ich nur leider so selten sehe. Festzuhalten ist: Ich will nach Paris - das Reisefieber verlangt es!

Nächster Morgen. Zu viert sitzen wir im Auto nach Frankreich. Mein Bruder fährt, er und ich haben noch jeweils einen Freund mitgenommen. Ein gebührendes Begleitkommitee für leichte Aufgaben und zur Unterhaltung. Die Fahrt verläuft problemlos, nur warum gibt es auf der Raststätte keine Sitzbänke?

Ohne Probleme finden wir mein neues Zuhause in Creteil bei Paris. Das Viertel in dem ich wohne ist geprägt von Hochhaussiedlungen. Die Spannung steigt - wo sollen wir über das Wochenende schlafen, wenn heute kein Verantwortlicher anzutreffen ist? Das erste Problem ergibt sich, als wir versuchen das Wohnheim zu betreten: Das Heim ist extrem gut gesichert.

Die erste Tür überwinden wir, als eine Gruppe Studentinnen das Heim verlässt. Allerdings stecken wir dann in der Falle. Wir sitzen zwischen zwei Doppeltüren fest, müssen wieder warten bis jemand entgegen kommt. Das ganze Theater geht noch zwei weitere Türen so bis wir endlich jemanden finden, der mir weiterhelfen kann.

Derjenige schickt uns erstmal an die Uni, eine "Justification scholaire" einzuholen, der an der Uni schickt mich wieder zurück, erstmal einziehen. Damit hatte ich gerechnet. Was sollte ich hier, wenn alles glatt liefe? (Die Prozedur durch vier gesicherte Türen wiederholt sich natürlich).

Schließlich beziehe ich noch mein neues Zimmer. Es ist ein Doppelzimmer und vorerst hat es kein Internet. Daraus ergeben sich folgende Fragen: 1. Wie/Wer ist mein neuer Mitbewohner? 2. Wann wird er hier einziehen? 3. Wo schlafen meine Mitreisenden, falls mein neuer Mitbewohner auftaucht? 4. Wie finden wir eine alternative Bleibe, wenn wir kein Internet haben?

Als wir zu unserem Auto zurückkehren, um das Gepäck hereinzuholen stellt sich Frage Nr. 5: Wo sonst bitte, kriegt man innerhalb von nur einer halben Stunde schon die erste Radkappe geklaut?

Wir beschließen, erstmal volles Risiko einzugehen und anzunehmen, dass heute noch niemand kommen wird. Wir verlassen das Wohnheim und erreichen wenig später das "Creteil Soleil", ein riesenhaftes Einkaufszentrum, dass im Bezug auf Einkaufsmöglichkeiten in etwa ein Äquivalent zur Innenstadt von Mainz darstellen dürfte. Ganz in der Nähe des Einkaufszentrums treten wir plötzlich aus dem Wald von Hochhäusern heraus und stehen vor einem großen künstlichen See.

Hier finden wir schließlich auch mein Internet. Ganz offen liegt es hier einfach auf der Straße herum. Man muss sich nur dazu setzen und davon bedienen. Von nun an,liebe Leserschaft, werde ich also die Zeilen dieses Blogs bei einem urban-romantischen Ausblick auf den künstlichen See von Creteil schreiben.

So, das wars für heute, auch wenns noch viel zu berichten gäbe - über das Afrika-Feeling, das man hier so kriegt, über den Schuh auf dem Dach vor meinem Fenster und noch so manches mehr. Nächstes Mal vielleicht...