Freitag, Januar 26, 2007

Les Elections Présidentielles


In Frankreich stehen die Präsidentschaftswahlen in diesem Frühjahr an. Am 22. April werden die Urnen zum ersten Mal zum Einsatz kommen, eine wahrscheinliche Stichwahl wird dann einige Zeit später den nächsten französischen Präsidenten bestimmen.

Der Wahlkampf kommt in eine heiße Phase und auch wenn ich nicht mitwählen darf, bin ich recht bemüht dieses teilweise chaotische System von Parteien, Parteiflügeln und prominenten (eigentlich-) nicht-Politikern zu durchschauen. Da wären die Sozialisten mit der adretten Ségolène Royal (Parteikürzel PS) und die Konservativen mit Nicolas Sarkozy (UMP). "Sarko" allerdings, wird vom derzeitigen Präsidenten Chirac und seiner Entourage aus der gleichen Partei geschnitten. Den alten Herren reizt es, trotz einer eher armseligen Reputation unter den Franzosen, nochmal selbst in den Ring zu steigen.

Da wären der rechtsextreme, nimmermüde Le Pen - ein 74-jähriger Algerien-Veteran der schon beim letzten Mal übel aufstieß (nämlich in die Stichwahl), da gibt es die kommunistische Marie-George Buffet oder den Abenteurer und Shampoo-Fabrikant Nicolas Hulot (der seine Kandidatur aber vor wenigen Tagen wieder zurückgezogen hat). Nicht mehr dabei ist dagegen de Villepin, einst aussichtsreicher Kandidat und noch Premierminister. Er stolperte über eine Bespitzelungsaffäre und verkündete jetzt, seine Ambitionen beschränkten sich nunmehr auf einen bescheidenen Posten als Kindergärtner. Auch nicht wirklich an der Präsidentschaft interessiert ist IKEA, egal, was im Fernsehen so alles verbreitet wird (siehe Video).



Nicolas Hulot, den ich mir quasi täglich ins Haar shamponiere ist Naturschützer und einer der beliebtesten (Ex-) Kandidaten. Auch ohne die Unterstützung der "echten" grünen Partei Frankreichs hat der Fernseh-Moderator (jaja Tausendsassa) die Kandidaten der großen Parteien dazu gebracht, den Natur-Aspekt in ihren Programmen stärker zu gewichten. Anschließend erklärte er, eine eigene Kandidatur könne womöglich die Umwelt gefährden und verzichtete.

Die Liste der Kandidaten ist lang (ich habe lange nicht alle aufgezählt) und der Kampf um die Macht ist hart. Ein neuer Weg des Wahlkampfs ist in dieser Saison ganz klar das Internet. Auf Blogs machen die Kandidaten aufwendig Werbung und geben sich jugendlich und modern. Andere Blogs und Internet-Portale versuchen eher einen Überblick über das ganze Ausmaß an politischer Diversifiziertheit zu verschaffen. So zum Beispiel "Ipol", ein politischer Podcast, dessen erste Folge eben diesen Einfluss des Internets auf Politik und Wahlkampf thematisiert:


iPol #1
Hochgeladen von iPolTV


Foto: Wähler mit Hund beim Spaziergang im Bois de Boulogne.

Donnerstag, Januar 25, 2007

Les Jours de Détente (Lazy Days)


Die Zeit zwischen den Semestern ist auf verschiedene Arten höchst unbestimmt. Zum einen weiß ich nicht genau wie lang diese Phase anhalten wird - offiziell bis Anfang Februar, doch bis dann wieder alle Kurse laufen wird wahrscheinlich mehr Zeit ins Land gehen. Zum Anderen ist nicht so recht klar, was man mit seiner Zeit am besten anfängt ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

Im allgemeinen sehen meine Tage derzeit folgendermaßen aus: Ich schlafe lang, etwa bis Mittag. Anschließend gehe ich auswärts zum Mittagessen (das klingt viel bourgoiser als es ist - im Crous für 2,75 Euro) und lasse den Tag dann gemütlich ausklingen. Das heißt, ich arbeite entweder daran die letzten weißen Flecken in Paris zu erkunden - mit einem kleinen Spaziergang durch den Bois de Boulogne zum Beispiel - oder ich treffe mich mit Freunden in Cafés um bei einer Tasse heißer Schokolade die letzten Neuigkeiten auszutauschen und Hinweisen auf Ausstellungen, neue Kinofilme oder kostenlose Eintrittskarten nachzugehen.

So ein Café-Nachmittag ist wirklich etwas sehr feines, dabei führe ich mein kleines schwarzes Notizbüchlein mit und mache mir Notizen zu neuen Adressen ("les bonnes adresses"). Allein durch die Pariser Quartiers zu wandern hat aber einen ganz eigenen Reiz.
Bei meiner Wanderung durch den Bois de Boulogne hatte ich mir vorgenommen ein paar Fotos von der winterlichen Parklandschaft zu machen. Das Licht war allerdings eher mäßig und so verlegte ich mich großenteils nur auf auf's reine Erkunden - wobei ich mich unversehens im Wagenlager eines überwinternden Zirkus' wiederfand.

Ganz wie in ein Kinderbuch versetzt wagte ich nicht recht näher zu treten und etwa in die Stallungen zu schauen. Doch ein junger Mann, der gerade aus einem der Wagen ins freie getreten war sprach mich an. Er fragte ob ich jemanden suche. Meine Antwort, dass ich mich wohl etwas verlaufen habe muss ziemlich kindisch gewirkt haben. Jedenfalls grinste er mich nur an und fragte ob ich die Tiere sehen wolle. Ich bejahte und er schickte mich in eines der Zelte, in denen Pferde, Esel und Lamas untergebracht waren.

Im Bois de Boulogne pflegte zu alten Zeiten der französische König der Jagd nachzugehen. Wenn man heute vom "Grand Lac" in Richtung Norden wandert sieht man anstatt Hirschen und Rehen ganz andere Gestalten im Gebüsch herumstreifen: Stricher bevorzugen das Grüne, während ihre weiblichen Kolleginnen, die "poules de luxes" (Edelnutten) die Hauseingänge in der benachbarten Avenue Foch bevölkern.

In der Tat ist diese Straße und nicht etwa die Champs Elysées die breiteste Achse der ganzen Stadt. Hier leben die Multimillionäre von Paris in schicken Stadtwohnungen mit großen Fenstern und teuren Autos in den Einfahrten. Ihr Blick geht aus den Fenstern über eine großzügige Grünanlage in Richtung Arc de Triomphe. Dort sehen sie mich gerade noch in den Metroschacht steigen, auf dem Weg nach Hause. Mal schauen was der Abend so bringen könnte.

Foto: Zwei Männer im "Le Malakoff" am Trocadero. Leuten zuschauen ist eine Hauptbeschäftigung an solchen Orten.

Samstag, Januar 20, 2007

Fahrt in die Bäder!


In den letzten Tagen ist über weite Teile Europas ein großer Orkan gezogen. Auch in Paris, im siebten Stock an unserem Fenster, hat es ziemlich gerappelt. Allzu schlimm ist es aber nicht geworden.
Ganz zufällig hatten wir schon länger zuvor für den Tag nach dem Orkan eine Fahrkarte nach Dieppe an den Ärmelkanal gelöst und so war zu hoffen, dass zumindest noch ein paar Wellen zu sehen sein würden.
Diesen Trip aufs Land hatte ich schon länger vor, einfach um mal wieder das Meer zu sehen und ein bisschen aus der Stadt heraus zu kommen. Spazieren gehen, mal was anderes riechen - diese bodenständigen Motive hatten mich zu der Reise animiert.
Der Zug fuhr durch eine sehr grüne Gegend, herrschaftliche Anwesen waren entlang der Strecke zu sehen, aber auch recht ärmliche Bauerndörfer, Kuh- und Schafweiden. Nach zwei Stunden Fahrt ab dem Bahnhof St Lazare hatte sich nicht nur die Landschaft deutlich verändert. Auch das Publikum im Zug wurde merklich ländlicher. Nachdem Lee und ich den Bahnhof in Rouen verlassen hatten saß uns gegenüber ein mittelalter Herr, der das Tuten der Eisenbahn immerfort nachahmte und dabei seinen nassen Hund auf dem Schoß streichelte. In der Sitzreihe hinter uns klingelte ein Handy mit Kuhgeräuschen als Klingelton.
Dieppe im Januar ist ziemlich ausgestorben. Während die Stadt im Sommer vor allem von Badegästen aus dem nahen Paris überlaufen wird, sind an diesem Tag außer uns nur wenige Passagiere bis an die Endstation gefahren. Der Hafen mit seinen Fischkuttern und den Seefrüchte-Restaurants am Kai liegt verlassen da.
Ohne Schwierigkeiten finden wir eine günstige Unterkunft und machen uns an die Erkundung der Ortschaft. Zum ersten Mal seit langem esse ich wieder Moule-Frites in einem der Fischrestaurants am Hafen.
Zu beiden Seiten der Stadt erheben sich steile Kliffs. Nach Osten steht auf dem Kliff, hoch über dem Meer, die Kirche zum Schutze der Seemänner und nach Westen eine kleine Burg. Dazwischen liegt die Strandpromenade mit ihrem Kiesel-Strand und der Hafen mit Fährverbindungen nach England. Die Luft ist salzig und an der Hafeneinfahrt weht ein starker Wind.
Große Brecher laufen auf die Mole auf und während ich versuche Bilder zu machen, werden wir ziemlich nass. Freunde von uns hatten kürzlich in Paris einen Schirm in unserer Wohnung liegen lassen. Nicht etwa um uns vor Regen zu schützen, sondern viel mehr um die Windstärke zu testen und lustige Fotos zu schießen haben wir ihn mitgenommen.
Am Abend wird es richtig dunkel. Nicht nur so dunkelgelblich wie am Pariser Nachthimmel sondern rabenschwarz. Wir finden schließlich ein kleines Restaurant in einer der Gassen etwas abseits vom Hafen, das trotz der Jahreszeit geöffnet hat. Undenkbar in Paris, aber hier können wir uns tatsächlich ein Restaurant leisten - um den Preis sehr neugieriger Blicke der einheimischen Stammkundschaft.
Das Meer bei Nacht, noch immer recht stürmisch, erinnert an kochende Milch - so weiß ist es im Kontrast zum schwarzen Himmel. Ein Angler sitzt allein in der Dunkelheit und hat seine Angelschnur in die hohen Wellen geworfen. Wenige Meter von der Küste entfernt schaukeln die schlafenden Möwen in der See - unbeeindruckt vom turbulenten Seegang.

Am nächsten Nachmittag geht unser Zug zurück "nach Hause". Das Landleben ist ruhig und erholsam, unser kleiner Auflug hat uns sehr gefallen. Doch auf lange Frist wäre es vielleicht ein bisschen trist geworden. In einer Hafenkneipe haben wir zu Mittag gegessen. Da sitzen die Leute in unserem Alter und machen den ganzen Tag garnichts - außer Lotto spielen, Kaffee trinken und mit dem Barmann quatschen. In Dieppe wird man entweder Fischer oder Wirt. Vier Stunden später versinken wir wieder in den Menschenmassen der Metrostation von Paris St-Lazare.

Fotos: Oben: Ankunft in Dieppe, Endstation - hundert Meter weiter beginnt der Ärmelkanal.
Unten: Eine Bildserie mit großer Welle (drauf klicken um besser zu sehen).

Außerdem: Eine Fotogalerie zu Dieppe gibt es > hier.


Sonntag, Januar 14, 2007

Billig leben in Paris (4) - Mal wieder das Essen


Heute habe ich den Blog "Paris Breakfasts" gefunden, auch dort geht es um Essen in Paris.
Eigentlich nur um den Café-Part des täglichen Essens, aber unter einem interessanten Aspekt: Der Farbe.
Die ästhetisch sehr empfindsame Autorin des Blogs zerfließt gar vor entzücken, etwa über das herrliche Grün des Cafés "Ladurée", wo wir vor einiger Zeit auch schon waren und sündhaft teure, sehr gute heiße Schokolade getrunken haben.

Doch während sie als Berufsbezeichnung "New Yorker Künstlerin" angibt, steht bei mir "Etudiant" auf der Karte und eine nur kleine Zahl auf meinem letzten Kontoauszug. Der Aspekt, unter dem ich heute das Thema Essen behandeln möchte, ist daher so viel profaner: Der Preis.

Fisch antillischer Art (wie das Gericht wohl auf deutsch heißen würde), Soupe de Poisson und einen Salat hatte ich vorgestern zusammen mit meinem Gast aus Polen im "Crous Club" hier gerade um die Ecke.
"Le Crous" ist der Name der Pariser Mensen, verteilt über das ganze Stadtgebiet bieten sie lecker Mittagessen für gerade mal zweieurofünfundsiebzig - Festpreis. Alles was es dazu benötigt ist ein gültiger Studentenausweis (von welcher Uni ist egal) und ab gehts an die Buffet-Theke. Im Preis enthalten ist ein Hauptgericht sowie zwei Beilagen, also zum Beispiel Salat und Suppe. Die Öffnungszeiten sind zwar begrenzt - aber bis zwei Uhr am Mittag hat man Zeit aus den Betten in die Mensen zu finden.

Und während bei Carol, der New Yorker Blog-Autorin, Tipps über die richtige Farbenwahl beim Paris-Urlaub ausgetauscht werden, habe ich einen wohlgefüllten Bauch und das gute Gefühl, das schöne Grün in meinem Geldbeutel ausreichend geschont zu haben.

Foto: Auch ein sehr schönes Grün ist dieser Banane zueigen, die Martin gerade beim Erstversorgungsladen in der Gegend von Gare de l'Est erstanden hat.

Freitag, Januar 12, 2007

Prüfung geschafft


Meine wichtigste Prüfung am Ende des ersten Semesters in Paris war Economie du Développement. Aber obwohl es sich hier um eine Uni handelt, würde ich den Schwierigkeitsgrad eher im Bereich einer normalen Oberstufen-Klausur an der Schule ansiedeln. Ein paar Stunden in der Institutsbibliothek und einige Mitschriften von Kommilitonen reichten aus, um mit einem angemessen sicheren Gefühl am Prüfungstermin vor dem Saal 103 aufzulaufen.

Die Mitschriften von französischen Kommilitonen sind noch immer ergiebiger als meine eigenen, da es doch noch immer gelegentlich zu Lücken kommt. Kein Wunder, wenn ich versuche gleichzeitig französisch zu verstehen, Fachwörter ins Englische zu übersetzen, dabei selbst gelegentlich noch auf deutsch denke und auch noch System in die Niederschrift bringen will. Ich bin also in einem babylonischen Sprachwirrwarr gefangen, außerdem in einem französischen Organsiations-Chaos : Meine Prüfung beginnt mit einer Stunde Verspätung und sieht vollkommen anders aus als angekündigt.

Unser Lehrer hatte erklärt, er verlange von uns ein Essay zum Thema, er unterfüttere uns zu diesem Zwecke lediglich mit Graphen, einigen Statistiken und vielleicht einem kurzen Zeitungsartikel. Fragestellung, Aufbau der Argumentation und so weiter oblägen demnach unserem Gusto. Am Ende bekamen wir eine vollkommen ordinäre Klausur mit ordinären Fragen zu Harrod-Domars Wachstums-Modell und Ähnlichem vorgesetzt. Nicht unbedingt schwer, aber doch viel langweiliger.

Nach getaner Arbeit habe ich das abgeschlossene Semester im Pariser Mix-Club mit einigen Freunden ausgiebig gefeiert. Viele meiner Kommilitonen fahren schon nach diesem ersten Semester wieder nach Hause. Die meisten von ihnen sind froh darüber. "Ich muss endlich mal wieder weiter kommen mit meinem Studium" ist ein gängiges Argument. Und natürlich vermissen viele ihre Freunde und die Familie zuhause. Die kürzlich zuende gegangenen Weihnachtsferien scheinen das Heimweh bei vielen noch verstärkt zu haben. Mir selbst geht es gar nicht so. Ich wollte noch lange nicht wieder nach Hause. Was sollte ich jetzt in Mainz? Einfach weitermachen wie zuvor? Gerade habe ich mich richtig bequem in Paris eingerichtet - das möchte ich auf jeden Fall so lange wie möglich weiter auskosten.

Auch was die Sprache angeht, habe ich nicht das Gefühl, dass ein halbes Jahr ausreicht. Ich verstehe inzwischen zwar das allermeiste, habe keine Probleme mehr fern zu sehen oder Radio zu hören. In der Regel kann ich mich auch selbst ganz gut verständlich machen. Doch ich glaube, dass ich vieles sehr schnell wieder verlieren würde, und dass das bisher gelernte noch lange nicht ausreicht um zufrieden zu sein. Das Gefühl teilen viele, die jetzt wieder nach Hause fahren. Eine Sprache lernt man nicht in einem halben Jahr.

Foto: Gesellschafts-Eislaufen unterscheidet sich vom Eis-Kunst-Lauf durch das Fehlen atemberaubender Figuren und Sprünge, zeichnet sich dafür aber durch das gemütliche dahingleiten aus, das zu sozialer Kontaktpflege genutzt werden kann. Auch ein kleines Päuschen bei mitgebrachter Mousse au Chocolat ist durchaus erlaubt.

Dienstag, Januar 09, 2007

"La politique des petits pas"


Heute war der erste Tag an der Uni im neuen Jahr. Als vorbildlicher Musterschüler habe ich mich gleich nach dem Aufstehen, so etwa um elf, auf den Weg gemacht. Und bin auch bis die Bibliothek geschlossen hat geblieben.
Hintergrund ist, dass am Donnerstag eine Prüfung in Entwicklungsökonomie ansteht und der gute alte Professor in Mainz uns vor etwa einem halben Jahr noch einbläute "Ich will nicht, dass jemand von meiner Uni da hingeht und keine Ahnung von Tuten und Blasen hat!"
Außerdem hatte ich für den ersten Uni-Tag eine kleine Hausaufgabe zu erledigen gehabt, die darin bestand, Material für unsere Stunde über die deutsche Ratspräsidentschaft in der EU zu sammeln. Im Zuge dessen hatte ich zwei Artikel herausgesucht - einen aus dem "Nouvel Observateur" und einen aus "Le Monde", in denen lustigerweise auch ein paar (zum Teil falsch geschriebene) deutsche Worte vorkamen. Mein Professor sah sich in der Stunde dann genötigt, Ausdrücke wie "Politik der kleinen Schritte", "Jürgen Klinsmann" und "Mannschaft" auszusprechen (alles mit netten s- ch- und sch- Lauten...).
Abends nach der Uni habe ich meinen Mitbewohner vom RER-Bahnhof abgeholt, wo er mit drei großen Tüten vom IKEA ankam, um unsere neue Wohnung fertig einzurichten. Auf dem Weg zur Sperre klingelte sein Handy. Als er wieder aufgelegt hatte, verkündete er mir freudestrahlend, dass Morgen in Paris der Schlussverkauf beginne. Als er mir erklärte, er werde seinen letzten Ferientag und einen erheblichen Anteil seines Geldes genau darauf verwenden, mit Daryl durch die Stadt zu ziehen, während ich in der Unibibliothek brüte, kam ich mir doch recht verheiratet vor.
Später am Abend holte Lee dann noch eine CD aus einer seiner zahlreichen Einkaufstaschen und präsentierte mir stolz: "The Russian boys from Châtelet". Die (schon etwas älteren) Jungs trifft man regelmäßig in der größten Pariser Metro Station, wo sie mit einem regelrechten Orchester Liedgut aus den Tiefen der sibirischen Steppe zum Besten geben und ihre CDs verkaufen. Jetzt haben wir die angenehme Atmosphäre dieser Metro-Station auch bei uns zuhause. Ich würde sagen, der Haushalt ist komplett.

Foto: Außen hui und innen pfui? Von wegen, mit russischer Steppenmusik und neuen Vorhängen von Ikea lässt es sich auch drinnen wunderbar aushalten.

Sonntag, Januar 07, 2007

Les trois mages

Die drei Könige folgten einst dem Stern von Betlehem um dem frisch entbundenen Sohn Gottes zu huldigen. Kurz zuvor machten sie noch einen Stopover in Paris und sind seither für einen von zahlreichen französischen Bräuchen verantwortlich.
Dieser sieht vor, dass sich die Familie um die Kaffee-Tafel versammelt und ein Gallette - eine Art Kuchen mit viel Marzipan verspeißt. In dem Kuchen eingebacken findet sich ein kleines Objekt - aus Porzellan oder Plastik - dessen Finder umgehend zum König oder zur Königin gekührt wird.
Natürlich ließ es sich unser sonntäglicher Kaffeekreis nicht nehmen diese Tradition zu übernehmen und unter der professionellen Anleitung durch Aurelie gaben unsere Gäste 28 (achtundzwanzig) Euro für zwei etwa Tellergroße Gallettes aus.
Das jüngste Mitglied der "Familie", in unserem Fall Lee, bestimmte daraufhin, ohne hinzusehen, wer welches Teil zugesprochen bekäme. Und - oh Wunder - der König war am Ende ich.
Ein ordentlicher Aufstieg, wo ich die letzten zwei Tage noch als "Invalide" über der Kloschüssel zugebracht habe, nur weil ich mir mal wieder was selbst gekocht hatte. Nichts desto weniger freute ich mich über meine Krone und die neue Rolle als uneingeschränkter Herrscher.

Foto: Mein "Inthronisierungs-Foto".

Mittwoch, Januar 03, 2007

Frohes neues Jahr!


Silvester in Paris - davor wird gern gewarnt. Bereits mittags am letzten Tag des Jahres ist die Stadt irgendwie leer. Pariser nutzen dieser Tage gern die Gelegenheit aufs Land zu fahren und dort zu feiern, denn was auf die Stadt in dieser Nacht hereinbrechen könnte - das ist jedes Jahr eine gute Frage. Die anderen konzentrieren sich auf private Partys und vermeiden es am späten Abend auf die Straße zu gehen, denn, so warnt man uns, die Banlieuesards kommen in die Stadt.

Tatsächlich ist etwa gegen sechs Uhr das Publikum auf den Straßen wie ausgetauscht. Jugendliche im Gangster-Ghetto-Look ziehen vermehrt durch die Straßen. Um fünf hat die RATP - die Metro-Betreibergesellschaft einen strategischen Rückzug angetreten. Metrofahren ist ab sofort für die Nacht kostenlos, sämtliche Ticket- und Infoschalter in den Metrobahnhöfen sind verwaist, alle Sperren offen.

Ich bin seit dem 30. wieder in der Stadt und verbringe den Jahreswechsel zusammen mit zwei Besuchern von der heimatlichen Uni und Lee bei einem befreundeten Pärchen, das eine große Terasse und ausreichend Champagner aufbieten kann.
Der Alkohol fließt in Strömen und im Beisein einer halben schwulen Volleyballmannschaft wird die Party zum Exzess. Tatsächlich kann ich mich aber noch daran erinnern, dass der Pariser Himmel um Mitternacht tatsächlich vollkommen schwarz bleibt, von einem offiziellen Feuerwerk ist auch nicht viel zu sehen. Schwer angeschlagen machen wir uns mit der ersten Metro auf den Heimweg und registrieren nur leicht verwischt, dass einige Metrostationen gelitten haben in dieser Nacht. Schwerere Unruhen blieben aber aus, nur aus Strasbourg hört man wieder von brennenden Autos.

Die restliche Nacht soll meine letzte Nacht in Creteil sein. Zu viert übernachten wir in dem Zimmer, dass ich in den letzten Monaten nicht mehr oft gesehen habe. Zum 15. Januar möchte ich es aufgeben zugunsten einer neuen Wohnung im sechsten Arrondissement, die ich an diesem ersten Januar zum ersten Mal sehe.

Aber mein Mitbewohner hat eine gute Wahl getroffen. Hinter einem herrschaftlichen Eingang, gerade um die Ecke von Gare Montparnasse, warten zwar sieben Treppen, doch ein herrlicher Ausblick von gleich zwei Balkonen ist mehr als ein Ausgleich dafür.
Das neue Zimmer ist eine Mansarden-Wohnung, fertig eingerichtet mit allen Annehmlichkeiten, inklusive Internet. Geschlafen wird auf einem Klappbett, dass tagsüber als Sofa dient, aber diese Einschränkung ist in Pariser Wohnungen durchaus üblich, zumal in so zentraler Lage.

Anstrengend ist der Umzug über die sieben Stockwerke. Zudem muss das Gepäck an verschiedenen Orten in Paris aufgesammelt werden, wo es über Weihnachten untergestellt war. Meine quasi dritte Wohnung (obwohl mein Name nie auf dem Briefkasten im 15. Arrondissement stand) in diesem ERASMUS-Jahr ist hoffentlich auch meine Letzte.

Foto: Mein Besuch auf einem unserer Balkone in der neuen Wohnung in der Rue de Rennes, im 6. Arrondissement. Es hätte sehr viel schlechter kommen können, wie dieser Artikel im Spiegel beweist: > zum Artikel
Außerdem gibts heute einen kleinen Film, den wir gestern beim Eislaufen auf der Eisbahn vor dem Hotel de Ville aufgenommen haben.