Dienstag, März 20, 2007

Neulich in der Metro

Von Zeit zu Zeit trifft man ein paar seltsame Gestalten in der Metro. Bei ganz besonders seltsamen Gestalten mache ich mir nachher manchmal ein paar Notizen. Im Folgenden handelt es sich um ein nettes, aber etwas trauriges Beispiel:

An der Station „Creteil l’Echat“ steigt eine Frau in die Metro.

Zuerst setzt sie nur ein Bein in die Metro und raucht, halb im Freien stehend, ihre Zigarette zu Ende. Dann – einen Augenblick bevor die Türen schließen, lässt sie die Kippe fallen und steigt ganz ein.
Sie setzt sich in die Sechser-Bank im hinteren Abteil des Wagens. Sie holt ein Notizbuch hervor und beginnt einige Sätze zu schreiben. Ich sitze ihr gegenüber und betrachte das Notizbuch – es sieht genauso aus wie meines. Sie fragt mich nach dem Datum.
In das Notizbuch sind einige Zettel geklemmt. Die Frau spielt mit einigen Mc Donalds Gutscheinen herum, klappt sie auf und zu und fragt mich schließlich ob ich welche davon haben möchte.

Nein? Dann fragt sie, ob ich Ausländer sei, ein Gespräch beginnt. Woher ich komme, was ich mache.

Ja, Geographie interessiert sie auch, bei Ökonomie dagegen könnte sie kotzen. Ja wirklich, an dem Tag, an dem sie herausfand wie die Wirtschaft funktioniert – sie hat darüber nachgelesen – hätte sie einfach nur kotzen können.

Sie interessiert sich für vieles. Sie kommt aus Yugoslawien. Heute gibt es das Land nicht mehr. Da sie selbst teils kroatische, serbische, bosnische und montenegrinische Wurzeln hat, kommt sie jetzt aus vier Ländern – genauso gut wie aus keinem. Da könnte sie auch kotzen. Wie man mit Religion als Vorwand so einen Krieg veranstalten kann. Naja, in Wirklichkeit ging es da ja auch um die Wirtschaft. Schlimmer noch, um die Wirtschaft von nur ganz wenigen Leuten.

Sie mag den Winter hier nicht. Wenn es kalt ist geht es ihr schlecht. Sie rückt ihren alten Pelzmantel zurecht.

Die Astronomie interessiert sie auch. Sie hat erfahren, dass es einen kleinen Stern gibt, der so heißt wie sie: Tana. Sie kann sich nicht genau erinnern, in welcher Galaxis der Stern liegt. Aber sie würde sich wünschen, irgendwann mal da hin zu fliegen. Sie weiß natürlich, dass das nicht geht.
Ob man weiß, was auf dem Stern vor sich geht? Es ist nur ein kleiner Stern – da ist nichts los. Nur ein kleiner Stern, wie sie selbst – kein großer Star.

Aber eigentlich ist die Frau Musikerin. Musik mag sie wirklich gern. Da gibt es etwas, das sie jetzt zuende bringen will – ihr Album. Ein eigenes Musikalbum. Danach will sie schon auch wieder was richtig Vernünftiges arbeiten – Wirtschaft und so. Aber vorher das Album.

Sie hat einmal für einen berühmten Jazzmusiker gearbeitet. Die Musik hat sie nicht wirklich gemocht, aber da hat sie angefangen an einem eigenen Album zu basteln. Ihrs hat eher einen funkigen Stil. Das Album wird „Stoppt den Krieg“ heißen. Der Titelsong: „Ich liebe euch alle“.

Foto: Metrostation Strasbourg-St. Denis

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Nonton Adu Ayam Taji Live Hanya Di Bolavita !!!