Samstag, Dezember 30, 2006

Keine weiteren Einzelheiten


Klassisch mit der Eisenbahn geht es wieder nach Paris, zum Jahreswechsel. Der Gare de l'Est, wo Reisen nach und von Paris für mich immer ihren End- oder Ausgangspunkt haben, ist eine Station wie aus dem Krimi "Mord im Orient Express". Ein wunderschöner, leicht verschlafener Bahnhof in dem man sich Abschiedsszenen einfach romantischer vorstellt. Ein Pfiff, der Zug setzt sich in Bewegung, doch der Winkemann mit dem weißen Taschentuch rennt noch ein ganzes Stück neben dem Waggon her. Dann muss er aufgeben und trottet traurig mit einer kleinen Träne im Auge in die Halle zurück. Und während er den Prellbock des Gleises passiert, auf dem seine Liebste entschwunden ist, kann man in der Ferne noch immer die roten Zuglaternen sehen.

Nach einem erholsamen und "revitalisierenden" Weihnachtsfest (5 Kilo Gewichtsverlust galten wettgemacht zu werden) komme ich zurück nach Paris. Im Gepäck mein neues kleines Notizbuch, in das ich in Zukunft direkt vor Ort und noch während es passiert detaillierte Skizzen und Notizen für meinen Blog eintragen kann. Klein, stabil gebunden und klassisch in schwarzer Leder-Optik soll es im neuen Jahr mein ständiger Begleiter werden.
Weitere Vorsätze legen mir die Freunde in der Heimat nahe: Mehr schmutzige Details, schlüpfrige Geschichten und generell schonungslosere Berichterstattung wünscht sich der lüsterne Mob. Doch halt! Hier lutsche ich beschämt am Daumen, alles will man ja doch nicht wissen. Zwischen den Zeilen lesen ist weiterhin erlaubt.
Auch dabei, bei meiner Rückkehr nach Paris sind zwei Freunde aus der Heimat, mit denen ich (wo auch immer) Silvester verbringen werde. Daryl und Joel haben in ihre Wohnung mit Terasse geladen, doch organisiert ist noch nichts so recht. Wer kommt alles? Wer ist überhaupt in der Stadt?
Damit wird aber zumindest schon mal die eine Nacht von diesem auf das nächste Jahr Unterbringungs-technisch kein Problem darstellen. Die Nacht zuvor verbringe ich ein letztes Mal in Creteil, am ersten Januar ist der feierliche Einzug in die neue Residenz an der Rue de Rennes im Sechsten geplant.

Grafik: Vorarbeiten in Richtung Zentrum. Die ersten zwei Monate wohnte ich in Punkt 1, Creteil, danach ging es in die wunderschöne Wohnung an der Rue de Vaugirard und schließlich geht es ins Sechste - Rue de Rennes.

Montag, Dezember 25, 2006

Paris im Bilde

Zu Weihnachten noch ein paar Bilder aus Paris. Das eine Album ist eine kleine Sammlung von "hübschen" Fotos aus dem Marais, der zweite Link sind ungeordnete Fotos der letzten Monate. Unter anderem sind einige Bilder über das Ausländerviertel rund um den Ostbahnhof dabei aber auch einige der Gestalten, die ich in der letzten Zeit in Paris getroffen habe.

> Marais-Fotos

> Querbeet-Fotos

Und weil Weihnachten ist: Noch ein bisschen sehr französische Musik von Anais.

Freitag, Dezember 22, 2006

Der Letzte macht das Licht aus


Während es fast unmöglich ist, an einem 20. Dezember durch das weihnachtliche Getriebe in der Metro ein gläsernes Weihnachtsgeschenk heil nach Hause zu bringen, ist es durchaus möglich in Paris an einem Tag eine neue Wohnug zu finden.
So geschehen für Lee James, der seine alte Wohnung zum 22. Dezember verlassen musste und somit am 20. Dezember, morgens, mit der Suche nach einer Ersatzwohnung begonnen hatte.
Und folglich muss es auch möglich sein, in einem weiteren Tag die alte Wohnung aufzugeben, auszuziehen, zu reinigen und für die neue zumindest schon mal die Kaution zu bezahlen und den Vertrag zu unterzeichnen. Und all das - wie erwähnt - an einem Tag im Dezember mit der Heimreise am nächten Tag vor dem inneren Auge.

Entsprechend früh sind wir den 21. Dezember angegangen. Während mein letzter Uni-Kurs für dieses Jahr meine erste Klausur im neuen Jahr zum Thema hatte, wickelte Lee die letzten Putzaktionen und anschließend den "Etat de Lieu" - die Bestandsaufnahme mit der Vermieterin ab. Die Vermieterin, also die amerikanische Universität in Paris, war damit auch offensichtlich zufrieden und händigte folgerichtig die 300 Euro Kaution für die alte Wohnung aus.
Am Mittag stoße ich zur Projektgruppe "neue Wohnung" hinzu. Zusammen mit dem anderen Geld für die neue Kaution (diese wird teurer sein als die alte) war Lee inzwischen bei der Bank und hat eine Einzahlung auf sein Konto getätigt, um sich für den gleichen Betrag einen vordatierten Scheck für die neue Kaution ausstellen zu lassen.
Leider war der letzte der beiden obligatorischen Schritte nicht möglich, da Schecks nur an derjenigen Filiale der Bank ausgestellt werden können, an der das Konto eröffnet wurde.
Eine Stunde Metro.
In derjenigen Filiale, in der das Konto eröffnet wurde kann man den Scheck leider auch nicht ausstellen. Die Einzahlung sei zwar verbucht "jaja", doch das Geld sei bis in etwa einer Woche noch "indisponible".
Wieder eine Stunde Metro plus telefonischer Verhandlungen mit dem neuen Vermieter. Es wird spät.
Schließlich sind wir wieder in unserem Viertel, wollen das Geld nun bar an den Vermieter geben und dazu das am Mittag eingezahlte Geld wieder abheben. Die Bankangestellte empfängt uns: "Sie waren doch heute Morgen schon mal da - wir sind hier schon genug im Stress!" Wir fordern unsere Einzahlung zurück. Einige Telefonate später ist klar: Da die andere Filiale, an der das Konto eingerichtet wurde, bereits seit fünf Uhr geschlossen ist, kann von diesem Konto keine Auszahlung vorgenommen werden - am Automaten leider auch nicht, da das drei-Tages-Limit von 500 Euro bereits fast erreicht ist.

Das Gefühl kommt auf, dass der Tag wirklich lang ist. Am Abend bringen wir unser Gepäck aus unserer alten Wohnung bei einem Freund unter. Weitere Telefonate mit dem Vermieter. Leichte Verzweiflung, dann die Gewissheit, der Vermieter gibt uns am nächsten Tag noch eine Chance.

Und so wird auch der 22. Dezember für Lee James zu einem langen Tag: Geld auftreiben, Vertrag unterschreiben, eigenes Gepäck packen, zum Flughafen fahren, erfahren dass London im Nebel versinkt und Flüge ausfallen oder verspätet sind. Währenddessen sitze ich um kurz vor neun in meinem Zug - auf dem Weg nach Hause, Weihnachten, Fest des Friedens.

Foto: Ein weiteres Bild aus meiner "Marais-Serie".

Dienstag, Dezember 19, 2006

Weihnachtskonzert


Und den ERASMUS-Studenten macht sich Jahres-Endzeit-Stimmung breit. Alles bereitet den Aufbruch in die Ferien vor.
Besonders kompliziert ist Lees Aufbruch, denn zur gleichen Zeit läuft seine Wohnung ab, die amerikanische Universität möchte sie lieber an echte Amerikaner vermieten. Also während die einen verzweifelt die nächste Unterkunft in Paris suchen und hoffen in drei Tagen fündig zu sein, sitzen andere bereits im Flieger nach Hause oder - wie Florian - im Theater der Champs Elysées und lauschen andächtig dem Weihnachtsoratorium. Während wieder andere - wie zum Beispiel ich - in etwa einer Stunde zur mündlichen Prüfung in Französisch geladen sind.

Aber am Wochenende habe ich mir auch noch mal ein bisschen Kultur gegönnt.
In der Soldatenkirche von Les Invalides wurden Bach-Kantaten aufgeführt, denn klassischer kann man Weihnachten gar nicht begehen, als mit Orgel und Chor. In vollkommener Verzückung lauschten wir den deutschen Texten, die einige von uns - also die Deutschen - noch irgendwie von früher und zuhause kannten.
Anschließend haben wir uns in einer Pâtisserie bei La Motte Piquet-Grenelle mit Süßigkeiten eingedeckt - ein bisschen Stollen vom Lidl war auch noch da - und unseren letzten Advents-Kaffee genossen.

Nicht nur Deutsche und Engländer treibt es über Weihnachten nach Hause. Auch die meisten Franzosen die ich hier kenne, fahren zu ihren Familien auf dem Land. Arnaud zum Beispiel, den wir am Wochenende im Maxime getroffen haben, fährt zu seiner Familie ins Loiretal, Nicolas zu seinen Eltern nach Strasbourg.

Und dann gibt es diejenigen, die in Paris bleiben müssen und ganz alleine Weihnachten verbringen. Daryl wird sich noch etwas einfallen lassen für Heilig Abend, denn nach Hause auf seine pazifische Insel auf der anderen Seite der Welt ist es wohl ein bisschen weit. Sämtliche Freunde aber fahren zu ihren Eltern aufs Land, oder wie ich, aufs Ausland.

Wir sehen uns wieder zu Silvester - ohne Feuerwerk zwar - aber sicher sehr feucht-fröhlich in Paris.

Foto: Weihnachtliches Schaufenster im Marais.

Donnerstag, Dezember 14, 2006

Éco du Développement


Heute hatten wir das vorletzte Mal vor den Weihnachtsferien "Economie du Développement". Das Fach gefällt mir ganz gut, schon von Haus aus und bei Monsieur Najman ist es auch immer recht anschaulich. Der Vorteil ist vielleicht, dass unsere Uni in Creteil liegt, in einer Stadt also, die schon länger eng mit der Entwicklungsproblematik Nordafrikas eng verbunden ist.

Will heißen: Wir haben Informationen aus erster Hand und wenn wir für ein Rechenbeispiel gerade mal die aktuellen Preise für Hühnchen auf dem Markt von Dakar im Senegal brauchen, fragt Herr Najman einfach einen afrikanischen Studenten aus dem eigenen Kurs. Auch wenn es um die Migrationsproblematik in der Straße von Gibraltar geht oder um die Kosten für Visa in Europa - in der Klasse ist jede dieser Erfahrungen schon dagewesen. Es ist auch tatsächlich eines der wenigen Fächer an der Uni, in dem man rege Mitarbeit zumindest einiger Studenten beobachten kann.

Monsieur Najman ist immer sehr bemüht, seine Schülerschaft zu motivieren, doch mit seinen französischen Tugenden - zu spät ankommen und lange Pausen - macht er seinen eigenen Mühen gelegentlich einen Strich durch die Rechnung. Von Zeit zu Zeit wird die Stunde auch zur Erzählrunde, wenn von den speziellen Schwierigkeiten junger Frauen im Maghreb die Rede ist oder die aktuelle Presse Anekdoten zum Thema beisteuert.

Heute habe ich mir in der Bibliothek die Modelle von Harrod Domar und Solow nochmal angesehen, die wir auch schon in unserem Kurs behandelt haben. Das Buch, das ich dafür benutze ist, wie die meisten in diesem Fach, in englisch geschrieben - für viele Franzosen in unserem Kurs ein Problem. Und so geht auch noch etwas mehr Unterrichtszeit nach der Zigarettenpause drauf, wenn Monsieur Najman das Wort "household" nochmal buchstabieren soll.

Einem Verfall der Disziplin unter den ausländischen Studenten versuchen indes die zwei Mädels aus dem Delcife-Büro zu verhindern. Jedesmal wenn man hereinkommt, wird man erstmal schief angeschaut. Dann wird man an die verantwortliche Stelle verwiesen als ob man das längst wissen müsste. Als nächstes wird die Unordnung in den mitgebrachten Unterlagen bemängelt ("Da ist ein Blatt von der Immatriculation pédagogique unter den Unterlagen der Fremdsprachenkurse - junger Mann - c'est un bordell!"). Bei den Mitstudenten, deren Französisch noch etwas schwächer ist, wird erstmal extra schnell gesprochen - und generell sind keine Plätze in den Kursen mehr frei.
Erst etwas später im Semester findet man heraus, dass die beiden Mädels eher zum Selbstzweck existieren, da frei nach französischer Mentalität jegliche Organisation in der Praxis ohnehin über den Haufen geworfen und jeder nachkommende Student doch noch in den Kurs aufgenommen wird.

Foto: Nachtrag zur Königsdebatte vom letzten Eintrag: Ist da nicht ein klein wenig Königlichkeit in diesem Gesicht? Florian mit einer Ausgabe von "Florian et le petit prince".

Sonntag, Dezember 10, 2006

Le roi est mort


Am Donnerstag Abend haben Lee und ich zu einem jener "mondain" Diners geladen, fuer die die charmanten Franzosen so bekannt sein sollen. Zumindest habe ich gelesen, dass sie dafuer bekannt sind, die meisten "mondain" Diners, denen ich in Paris bisher beiwohnte waren allerdings von Ausländern verschiedener "couleur" verrichtet worden. Mit Ausnahme einer gewissen Anzahl Franzosen, die übrigens alle Nicolas hießen, was auch Zufall sein könnte.

Wie das so üblich ist bei solchen Diners, ist das besondere Augenmerk auch bei unserer Abendveranstaltung weniger auf das gute französische Essen (Pizza, Flammkuchen, Chips und Champagner), als vielmehr auf die anregende Mischung von Gästen gelegt. Kurzum, fast jeder, den ich in Paris inzwischen kenne war da.

Zuvor hatte Lee schon den ganzen Tag sauber gemacht und sogar Teelichter für die richtige Atmosphäre eingekauft. Er hatte Möbel arrangiert und den Salat garniert, während ich mich nach meiner Ankunft von der Uni um die Tiefkühlkost von um-die-Ecke gekümmert hatte.

Nachdem der Auftakt zum Wochenende schon so gut gelaufen war, verbrachten wir die folgenden Tage in Cafés und im Louvre, schließlich trafen wir uns zum zweiten Advent zu einem sehr deutschen Abendessen mit Braten, Rotkraut und Knödeln. Deutschtümeln macht ja soviel Spaß.

Der Freitagabend im Louvre (für Studenten und generell jeden unter 25 Jahren ist der Eintritt ab sechs Uhr frei), in Begleitung von Aurelie und Florian, war eigentlich vor allem der Kunst des 19. Jahrhunderts gewidmet. Man muss sich ja immer irgendwas heraussuchen, der ganze Louvre ist verdammt groß und das Jahr in Paris wird wohl gerade ausreichen, um von allem mal etwas gesehen zu haben.
Bei soviel Prunk und in Anbetracht dessen, dass der Louvre ja garnicht mal das einzige Schloss in der Gegend ist, stellte sich mir allerdings auch die Frage wohin es eigentlich all die Bourbonen - also die ehemalige Königsfamilie - verschlagen hat. Der Louvre wurde nach der Revolution 1789 zum Museum umgebaut (eher erstmal verwüstet und dann wieder hergerichtet) und Napoleon, in seiner ganzen Bescheidenheit, bewohnte später nur einige Apartements im nördlichen Flügel des Gebäudes.
Doch wo wohnt der, der heute König wär?
Nach etwas Recherche fand ich heraus, dass man tatsächlich in der Rue Rivoli Nummer 35 in ein Straßencafé stolpern kann, in dem in einer Ecke ein Foto von ihm hängt: Vom König von Frankreich, Ludwig XX, heute 32 Jahre jung.
Des weiteren erfuhr ich, dass der junge Mann heute Spanier ist und mit vollem Titel Monseigneur le Prince Louis, duc d'Anjou et de Bourbon, Chef des Hauses Bourbon heißt. Sein älterer Bruder starb bei einem Autounfall und sein Vater wurde Opfer eines grausigen Skiunfalls, der, so behaupten treue Royalisten, von den Konkurrenten aus dem Hause Orléans, mit einem über die Piste gespannten Draht mehr als nur "billigend in Kauf genommen" wurde.

Schließlich habe ich auf Wikipedia auch ein Foto des jungen Möchtegern-Monarchen gefunden, der übrigens aus dem selben Geschlechte stammen soll (nicht nur wie die vielen Louis aber auch) wie die heilige Anna, die Könige von Troja, Chlodwig (wer kennt ihn nicht?), die Kapetinger und - man lese und staune: Jesus. Na dann. Es lebe der "König".

Foto: Ich, keinem königlichen Geschlecht zugehörig, aber mit weißem Kragen zur Feier des Tages.

Mittwoch, Dezember 06, 2006

Saint Nicolas - c'est qui?


Heute ist Nikolaus - aber keiner geht hin. Das Fest gibt es hier nicht. Und auch auf dem Postamt hat man noch nichts von einem Paket gehoert, dass mir der Nikolaus eigentlich dort hinterlegen wollte.

Aber irgendwie werde ich hier besonders weihnachtlich, eben gerade weil das hier gar nicht so ein Riesentrubel ist. St Nicolas? Ja! Das feiern sie im Osten, im Elsass - da sollte man ja unbedingt mal auf den tollen Weihnachtsmarkt von Strasbourg gehen, hiess es heute in unserem Franzoesisch-Kurs. Kurz darauf stuermte eine Gruppe junger Weihnachtsmaenner aus dem umliegenden Banlieue das Uni-Gebaeude und verursachte einen Feueralarm mit kompletter Evakuierung.

Anhand solcher Feste sieht man mal wieder, wie wenig die Europaeer uebereinander wissen. Welcher Deutsche hat sich schon mal Gedanken darueber gemacht, dass es Weihnachtsmaerkte ausserhalb unserer Heimat fast nicht gibt? Und ebensowenig hat Otto-normal-Spanier eine Ahnung davon, was Nikolaus eigentlich ist. Man interessiert sich doch nicht fuer tuerkische Bischoefe.

Weihnachten ist vor allem in Deutschland ein grosses Fest - ueberall sonst feiern Coca Cola und Santa Claus. In Deutschland liegt es vor allem an den Protestanten (ein Hoch auf die Protestanten!), dass man ueberall Plaetzchen backt und Weihrauch atmet. Im katholischen Frankreich ist Ostern das wichtigere Fest.

Und so sind wir heute auch in unserem Franzoesisch-Kurs, nachdem der Feueralarm aufgehoben war, unbeeindruckt zu Alexandre Dumas uebergegangen.

Foto: Eine Stimmung wie in der Mittelstufe: Schnell werden in der letzten Reihe noch die Hausaufgaben (von mir) abgeschrieben...

Montag, Dezember 04, 2006

Wenn der Weihnachtsmann zweimal klingelt (oder zu frueh)


Weihnachten naht und Paris wird in das Licht tausender Girlanden getaucht. Sogar im fernen Creteil, wo ich mal wieder vorbeigeschaut habe, erhellt die Festbeleuchtung einige ansonsten des nachts bedrohlich dunkle Flecken.

Am Wochenende hatten wir unseren ersten Advents-Kaffee, echt mit Zimtsternen und Spekulatius. Sowas ist garnicht so leicht aufzutreiben, soweit weg vom Mutterland der froehlichen Weihnacht, aber es gibt Geruechte, nach denen es hier sogar Elisen-Lebkuchen zu haben gibt - ganz kleine nur und sicherlich teuer, aber wir sind schonmal gespannt auf den zweiten Advent.

Etwas hat der Weihnachtsmann schon heute hier abgegeben: Meinen neuen Mitbewohner fuer das verwaiste Doppelzimmer in Creteil. Sein Name ist Bogdan, er kommt aus Rumaenien, macht aber einen ganz netten Eindruck. Die Sache kommt etwas ueberraschend, ich hatte mich schon auf ein leeres Zimmer bis ins neue Jahr gefreut, aber da ich ja wie gesagt sowieso fast nie da bin in der letzten Zeit, duerften wir kaum Probleme miteinander kriegen. Ich spreche kein Rumaenisch und er kein Deutsch - ein perfektes Uebungsfeld fuer unser Franzoesisch ist es also zudem. Wobei es allerdings gewaltiges Nervpotential hat, staendig nur radebrechendes Franzoesisch zu hoeren. Wenn ich schon nicht so perfekt in dieser Sprache bin, sollte es doch bitte der andere sein.

In der Uni naehern sich die Klausuren und die 30 Punkte-Regel hat mal wieder bei einigen Kommilitonen fuer Transpirations-Schuebe gesorgt. (Zur Erinnerung: Die Regel besagt, ohne die Spezifizierung von weiteren Sanktionen bei nicht-befolgen, dass im Semester 30 ECTS-Nonsense-Punkte zu erbringen sind) Da auch bei mir diese Huerde aufgrund sprachlicher und sonstiger nicht-Kompetenz gerissen werden wird, habe ich mich nun einmal vorgewagt und eine Mail an meine Uni geschrieben. Dort erinnert man sich an garnichts und verspricht mir mein Stipendien-Gehalt auch fuer die Belegung eines einzigen studienrelevanten Faches im Semester. Na dann: froehliche Weihnachten!

Foto: Irgendwo zwischen Boulevard St Germain und Seine (auf dem linken Seine-Ufer also) stehen diese Lampe, diese Baeume und diese (mir sehr wohl bekannte) Person.

Donnerstag, November 30, 2006

Neue Adresse gefaellig?

Mal wieder ein kleines Filmchen aus einem wohl vertrauten Viertel im Pariser Suedwesten. Das 15. Arrondissement mit amerikanisch-franzoesischer Musik unterlegt...


Montag, November 27, 2006

Landpartie und Leistungsnachweise


Am Sonntag gab es einen hübschen Sonntagsspaziergang im Park des Schlosses von Versailles. Genauer in einem der zahlreichen umgebenden Parks, im englischen Garten. Florian, der Kunsthistoriker, hatte eine nette Kunsthistorikerin aufgetan, die sich ebenfalls anschloss. Ein Freund von Christian (nicht aber der selbst, da er an einer Form der Halslepra - vielleicht auch an Erkältung leidet) und Lee, ein Gentleman aus England waren ebenfalls mit von der Landpartie.
Florian hat sich für derartige Unternehmungen auch schon den richtigen Auftritt zurechtgelegt: In gedeckten Brauntönen und stets mit Regenschirm immitiert er den Hanseaten bei Landgang fast perfekt. Besonders stolz ist der Hobby-Konservative auf seinen Schirm, weil der wahrscheinlich mal dem wichtigsten Kunsthistoriker Deutschlands, einem Herrn Warnke gehörte, der den Schirm angeblich im Institut vergessen haben soll.
Mit seinen Hintergrundinformationen sind solche Ausflüge natürlich sehr lehrreich, aber so eine Balade macht nach der ganzen Stadtluft der letzten Wochen vor allem auch Spass.

Metrofahren zum Beispiel ist inzwischen eine wirklich ermürbend regelmäßige Beschäftigung geworden. Jeden Tag verbringe ich etwa zwei Stunden im Untergrund. Wichtig ist es da, stets ein gutes Buch dabei zu haben. Auf diese Weise plane ich im Verlauf des Jahres noch einen Gutteil der zeitgenössischen Literatur durchzuarbeiten, gerade lese ich von apokalyptischen Attacken aufgebrachter Meeresbewohner auf die zivilisierte Welt.

In der Uni habe ich heute mal wieder etwas länger auf meinen Kursleiterfür den Eco-Francais-Kurs gewartet und das Gespräch mit den Umstehenden kam auf Studienleistungen während des ersten Auslandssemesters. "Wieviele Kurse belegst du?" ist dabei die Gretchenfrage. Natürlich sind 30 ECTS Punkte vorgeschrieben, aber nachdem ich zunächst den Eindruck hatte, nur bei mir würde das so nicht ganz passen mit den Kursen, erfährt man inzwischen mehr über die Probleme der anderen. Der erste Student in der Runde, der sich heldenhaft vor traut und sich mit seinem Geständnis quasi nackt auszieht vor seinen Kommilitonen gibt schamhaft zu: "Zwölf Stunden die Woche."
Eine Slowenin fasst Mut und gibt zurück: "Drei Stunden die Woche."
Kurzes Staunen über soviel Selbstsicherheit und dann fallen alle Barrieren. Kurzum: Ich steh nicht schlecht da, mit meinen derzeit etwa einem dutzend Kursstunden die Woche. Die Mehrzahl der Kursstunden wird in diesem Semester, wie bei den meisten Ausländern, mit Sprachkursen bestritten, nur in wenigen Fachkursen sind genügend Ausländer vertreten, um den Dozenten einen rücksichtsvolleren Dozier-Stil abzugewinnen. Aber die Situation verbessert sich: Inzwischen komme ich auch bei rein französischen Vorlesungen besser mit als nur in Fünf-Sätze-Häppchen - für Ambitionen auf die Klausuren zwar zu spät, aber ich sehe dem nächsten Semester schon recht positiv entgegen.

Fotos: Pseudo-hanseatisches Pärchen in Versailles (oben) und Abendstimmung vor dem Eingang zum englischen Garten (unten).

Mittwoch, November 22, 2006

Lila-Laune-Barometer


Das Laune-Barometer in Paris ist mal wieder am Anschlag und das liegt nicht nur an der Tatsache, dass mein latent depressiver Mitbewohner eine neue Bleibe gefunden hat und nun auszieht.

Whatsoever, in der letzten Zeit bin ich nur selten in den eigenen vier Wänden.

Im online-Spiegel habe ich gerade eine Geschichte über die Pariser Metro gelesen. Dort wird berichtet, dass ein "Fahrgastzwischenfall" stets einen Selbstmord auf den Gleisen bedeutet. Demnach hatten wir also gerade gestern wieder einen lebensmüden Pariser. Wenn es außerdem stimmt, dass jeder weiß was "Fahrgastzwischenfall" bedeutet, stört es Pariser herzlich wenig, wenn sich einige von ihnen hin und wieder das Leben nehmen. Ein Freund meinte, er findet es immer sehr selbstgerecht, sich in (oder unmittelbar vor) öffentlichen Verkehrsmitteln das Leben zu nehmen. Immerhin stört man damit taunsende anderer Menschen in ihrer Tagesplanung. Der Zwischenfall gestern war aber nach kaum einer halben Stunde schon wieder geregelt.

Am Wochenende habe ich mich mit den anderen "drei von der Tankstelle" im Marais getroffen. Ein Typ, den Christian nur mal kurz in einer Bar des Viertels kennen gelernt hatte, lud ihn kurzerhand zu sich nach Hause ein. Nicht mit eingerechnet hatte der Einladende (denke ich mal), dass wir insgesamt zu neunt wären, wenn Christian schließlich mit der gesamten Entourage auftreten würde. Doch der gute Mann arbeitet für L'Oreal und leistet sich eine geräumige Stadtwohnung im Marais - bot uns wildfremden sofort Getränke und Gebäck an und so verbrachten wir eine sehr nette Aufwärmrunde (alkoholisch gesehen). Florian erinnerte sich plötzlich dunkel, in dem Haus schon mal jemand anderes gekannt zu haben - erstaunlich wie man so rum kommt. Anschließend ging es zu "Crazyvores" und der Abend wurde sogar noch eine Ecke netter.

Die neue Woche hat dann mit den gewöhnlichen Studienveranstaltungen begonnen und in meiner Klasse für "Expression orale" wurde es am Dienstag knifflig. Das Gespräch war irgendwie auf Globalisierung gekommen und da wirklich alle darauf einprügelten fühlte ich mich verlockt dem zu widersprechen. Jetzt halten mich vielleicht alle für neoliberal und böse (man lässt sich eben zu so manch gewagter Äußerung hinreißen) aber dafür habe ich meinem Französisch einen Dienst erwiesen.

Doch all das ist auch nicht der wirkliche Grund für meine gute Laune...

Foto: Himmelwärts! Obelisk und Eiffelturm in Abendstimmung.

Musik gefällig? Hier ein netter französischer Radiosender online.

Freitag, November 17, 2006

Ségolène for President!


Ségolène Royal heißt die Presidentschaftskandidatin der Linken. Sie hat sich gestern gegen zwei im Fernsehen recht gelangweilt wirkende Herren (ebenfalls von der Linken) durchgesetzt und darf nun antreten, den energischen Monsieur Sarkozy zu schlagen.
Obwohl es ja eigentlich kein guter Stil ist, in der Presse offensiv für eine politische Seite zu werben, so werbe ich doch hier ganz offen für Ségolène. Dieser Sarkozy ist einfach so unsympathisch, dass es kracht! Allein - er findet es super, unsympathisch zu sein. Anders kann ich mir kaum erklären, dass er im Fernsehen immer so frisch, fröhlich und frei aussieht, auch wenn er zum Beispiel gerade offen die Arbeit der Justiz kritisiert und erklärt, sie ginge zu lasch gegen die Kleinkriminellen aus den Banlieues vor.
Ségolène (ja ich nenne sie bereits kumpelhaft bei ihrem Vornamen) scheint mir nicht so sehr in die Altherrenriege der Linken und überhaupt in den Sumpf der Politikerkaste dieses Landes verstrickt zu sein. Bei Fernsehdiskussionen (mit den beiden gelangweilt wirkenden Herren aus derselben Partei) muss sie oft gar nichts sagen, steht einfach nur da und sieht gut aus.

Diese Beiden - Ségolène und Sarkozy sind also die beiden interessanten Variablen, was die Presidentschaftswahl angeht. Aber: Es gibt zwei alternde Herren, die ebenfalls noch glauben, Chancen auf den Thron zu haben: Der alte Haudegen Chirac (seine Frau letztens zu einem Nebenstehenden: "Schauen Sie mal wie fit der noch ist!") und natürlich der immer noch gefährliche Le Pen. Inzwischen dürfte jeder Franzose wissen, wie gefährlich dieser Mann ist (zumindest erwarte ich das), aber gleichzeitig sagen die Franzosen mir, wie gut der Mann doch reden kann (viel besser als Chirac) und wie super sympathisch er dabei rüberkommt. Er ist tatsächlich so ein bisschen ein netter alter Onkel - nur leider sehr böse hinter der Fassade.

Bei einem Freund habe ich letztens "Le Point" gelesen, oder zumindest mal geblättert. Es gab dort einen großen Artikel über Sarkozy, seine Feinde und seine Strategien. Und als ich dann dieses Foto sah, wurde mir dieser Sarkozy plötzlich doch irgendwie sympathisch: Grinsend steht er da mitten in einem Schweinestall - eine verdammt gut passende Metapher für diesen Mann, dem der ganze Mist auch noch Spaß zu machen scheint.

Foto: Grinsend im Schweinestall: So siehts aus im Hause Sarkozy...

Mittwoch, November 15, 2006

Man wundert sich...


Franzosen sind ein Volk mit gewissen sprichwörtlichen Eigenschaften - wie zum Beispiel dem legèren Umgang mit der Liebe und allem Körperlichen, was damit zusammen hängt. Dennoch würde ich mein jüngstes Erlebnis zu diesem Thema als höchst fremdartig einstufen.
Im Foyer meines Wohnheims lernte ich einen mittelalten Herren mit Halbglatze kennen, der schon seit fast zwei Jahren hier wohnt und in Paris arbeitet. Da ich Deutscher bin, bat er mich, ihn für einige Übersetzungen in sein Zimmer zu begleiten. Ich willigte ein.
Der Mann machte einen vollkommen harmlosen Eindruck auf mich und wahrscheinlich ist er es auch. Ich fragte ihn auf dem Weg, was es mit der Übersetzung auf sich hätte - ob es etwa für den Beruf sei oder ob er dabei wäre die deutsche Sprache zu lernen. Er winkte ab und erklärte, es sei nur eine kleine private Angelegenheit.
Wir erreichten sein kleines Einzelzimmer und beim Aufschließen entschuldigte er sich beiläufig für die Unordnung in seinem Zimmer. Er ging voran.
Beim Eintreten fiel mir sofort ein Plakat auf, das zwischen einem Stapel Bücher steckte. Eine nackte Frau spreizte da die Beine, aber höflich tat ich so als hätte ich das übersehen. Über einen Haufen von Pornoheftchen breitete mein Gastgeber verlegen seine Jacke aus und grinste verlegen. Ich war zwar leicht amüsiert, ließ mir aber weiterhin nichts anmerken. Doch die Szene wurde zunehmend absurd. Was er mir nämlich jetzt zum übersetzen reichte, waren die Klappentexte einiger deutscher Pornovideos, die er aus einem Regal holte. Er hatte mehrere Schränke voll davon.
Darf man jetzt lachen? Aber der Mann meinte das offensichtlich vollkommen ernst, begann gleich zu versuchen den Text vorzulesen. Er fing an systematisch zu fragen was die einzelnen Worte bedeuteten. "frech und geil" - "insolent et libidineux" oder "juste 18" übersetzte ich folgsam.
Während ich innerlich von der Absurdität der Situation vollkommen fasziniert war übersetzten wir doch absolut konzentriert einen Klappentext nach dem anderen. Es war ihm offensichtlich ein vitales Interesse. So überlegten wir eine Weile welche sinngemäße Übersetzung die lustigen Texte am genauesten wiedergaben - etwa, ob man "Erregung" eher als "excitation" oder "stimulation" übersetzen könnte.
Nach getaner Arbeit entließ er mich mit einem verlegenen Grinsen und bedankte sich für meine Zeit. Ich verabschiedete mich und war froh, dass ich ihm nicht auch noch die Filme selbst hatte dolmetschen sollen.

Foto: Hier denkt der Autor wieder: "tztz diese Franzosen."

Montag, November 13, 2006

Beschwerden


Unsere Französisch-Lehrerin in meinem Grammatik-Kurs hat sich über das niedrige Niveau unseres Jahrgangs beschwert. Der Lehrer im Informatiklabor hat sich gleich im Allgemeinen über dieses Hundeleben in Paris und Umgebung beschwert und angekündigt sich für das nächste Jahr in den Ruhestand und in die Bretagne abzusetzen.
In einer persönlichen Unterhaltung mit ihm, um die ich sicher nicht gebeten hatte, erklärte er mir später, dass er bereits vor Jahren den Liegeplatz für sein neues Boot reserviert hat, da die Wartezeit für einen Liegeplatz in einem südbretonischen Hafen derzeit acht Jahre beträgt. Wir könnten auch gerne mal vorbei kommen und von seinen gefangenen Fischen probieren.
Aber zurück zur Kritik meiner Französisch-Lehrerin. In meinem Grammatik-Kurs schreiben wir jede zweite Stunde eine Klausur und in der ersten dieser Klausuren habe ich denkbar schlecht abgeschnitten. 11,3 ist eine Note etwa auf halber Strecke zur 20, was in Frankreich die Bestnote darstellt. Und das, obwohl ich augenscheinlich einer der besten französisch-Sprecher dieser Klasse bin. Zugegeben - Grammatik-Regeln waren noch nie meine Stärke. Wenn ich spreche kann ich mich in vielen Fällen bereits auf mein Gefühl verlassen, nicht aber bei den Sätzen, die es in der Klausur zu bilden galt.
Inzwischen kann ich bei einem Gespräch zwischen Franzosen (etwa wenn ich, wie anfang der Woche von Arnaud zu Freunden mitgenommen werde) ganz gut mitmachen und habe auch immer weniger Probleme mich auszudrücken. Der Wortschatz wächst mit einer gewissen Geschwindigkeit und auch das Sprachgefühl stellt sich ein. Aber wie gesagt - nur wenn ich mir selbst aussuchen darf in welcher Weise ich formuliere. Offenbar umgehe ich dabei automatisch hinterhältige "dont"-s und ähnliche Formulierungen. Daher habe ich mir jetzt erhöhte Aufmerksamkeit verschiedenen Grammatikthemen gegenüber verschrieben. Mal schauen, ob also diese Woche meine Klausur ein bisschen besser ausfällt.

Foto: Demnächst in diesem Blog: Mein Kurzurlaub in Warschau - Schlangestehen wie damals? (Tatsächlich eher: Schlangestehen vor dem Louis-Vuitton-Store auf den Champs Elysées.)

Dienstag, November 07, 2006

Nebelschwaden und Scheckhefte


Ich bitte um Entschuldigung für die immer größer werdenden Pausen zwischen meinen Beiträgen. Aber es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass einem die neue Umgebung vertrauter und damit weniger berichtenswert erscheint. Ich bitte also um Nachsicht, wenn in Zukunft nicht mehr täglich, sondern nur noch etwa zweimal die Woche hier etwas Neues von mir steht.

Der generelle Trend zur Zeit ist der Winter, der seit etwa genau 1. November auch in Paris eingezogen ist und einem zunächst mit dichten Nebelschwaden die Sicht nimmt. Besonders in den ruhigen Vorstädten wird es klamm und unheimlich - ist es Nebel, oder Rauch?
Allerdings hat sich die Krisensituation in einigen Banlieues in den letzten Tagen nicht weiter zugespitzt. Ich kann sogar berichten, dass meine Nachtbuslinie wieder zuverlässig ihren Dienst tut.

Dieses Wochenende war ich zum ersten Mal, seit ich im September nach Paris gekommen bin, auf dem Eiffelturm. Anlass war der Besuch eines Freundes, der zuvor noch nie in Paris gewesen war. Normalerweise vermeide ich es ja, mit meinen Besuchern die ganz ausgetretenen Touri-Pfade zu begehen, doch in diesem Fall mussten wir natürlich mit einigen Basics beginnen. Außerdem wird mein Besuch natürlich regelmäßig einer Auswahl an (Teilzeit-) Parisern vorgestellt, mit den "Drei von der Tankstelle aus Deutschland" (Christian, Florian und Dirk) haben wir auch den Louvre sowie eine französische Schlagerparty ("Dix ans de la nuit des Follivores") besucht.

Etwas neues gibt es dann auch noch zu berichten: Ich bekomme von meiner Bank ein Scheckheft. Der Tip ist nicht schlecht, da ein Virement (Überweisung) hier noch immer drei Euro kostet und es in Paris einfach einen gewissen Stil hat, immer mal wieder das Scheckheft zu zücken und eine höhere sechsstellige Zahl einzutragen. Ich freu mich schon sehr auf mein Scheckheft! - vielleicht sollte ich dazu noch einen langen Herbstmantel, einen Hut und eine Pfeife anschaffen. Obwohl der Pariser Stil wäre ja eher: Enge Hosen, spitze Schuhe und wuschelige Haare plus Hut. Mal schauen.

Vorher gehts erstmal noch zum Winterklamotten-Härtetest nach Warschau...

Foto: Das Bild "Zehn nackte Friseusen" von Peter Paul Rubens im Louvre.

Donnerstag, November 02, 2006

Richtigstellungen



Ein so viel gelesenes "interaktives Magazin" ist natürlich nie ganz fehlerfrei und zieht so manche Kritik auf sich. Einer meiner härtesten Kritiker ist wohl Arnaud, der sich nun in schriftlicher Form an die "Redaktion" gewandt hat.

Hier einige Auszüge:

"pfff, alles was du geschrieben hast, stimmt nicht...

Laurent ist der Sohn des EHEMALIGEN Botschafters in Polen

Die Veranstaltung war ein "cours magistral", eben kein Seminar, wo es interaktiv sein soll...und die Besonderheit von ScPo liegt eben darin, dass wir bei den Prüfungen eben nicht auswendiglernen müssen, weil wir "dissertations" schreiben...und auswending zu lernen wäre dabei nicht von großer Hilfe...

schlecht Simon, sehr sehr schlecht ..."

und weiter:

"Ich könnte dir vor Gericht ziehen ! ...;-)"

darauf die "Redaktion":

"entweder könntest du MICH vor Gericht ZERREN,oder MIT MIR vor Gericht ziehen. Auf wiedersehen."

(Die "Redaktion" hat schwerwiegende Rechtschreibfehler korrigiert, den Wortlaut jedoch beibehalten).

Zum Tagesgeschäft: Florian, der Kunsthistoriker war auf dem Friedhof "Père Lachaise" unterwegs und hat dort unter anderem, wie ich vor ein paar Tagen, das zugeküsste Grab von Oscar Wilde gesehen. Beim Abendessen bei ihm zuhause verfiel er dann augenblicklich ins Schwärmen für den Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg, der auch nicht ganz schlecht sei. "Und die Rhododendren-Büsche überall - herrlich!"
Ich war letztens zu ungewöhnlicher Uhrzeit auf den Champs Elysées unterwegs, wartend auf die erste Metro des Tages.
Ich unterhielt mich auf einer Bank mit einem Freund, als der plötzlich eine nahende Gestalt bemerkte, die uns kurz darauf um etwas Kleingeld bat. Zunächst ging ich davon aus nur einen weiteren besoffenen und etwas Nähe und Geborgenheit suchenden Partybesucher getroffen zu haben, doch sehr bald schon sollte ich meine Meinung ändern: Fünfzig Euro verlangte der gar nicht soo Betrunkene und als Argument bedrohte er uns mit dem Messer. Leider war weit und breit niemand sonst zu sehen und so schlugen wir uns etwa fünf Minuten mit dem Typen herum, der abwechselnd meine Begleitung und mich bedrängte und bedrohte, bis endlich ein Schwarzer dazwischen kam und den Spuk beendete. Die fünfzig Euro haben wir behalten.

Foto: Englischer Garten von Versailles.

Dienstag, Oktober 31, 2006

Paris im Herbst


Am Sonntag habe ich die Zeitumstellung fast verschlafen. Erst die Radiofrau hat mich abends so gegen sieben darauf aufmerksam gemacht, dass es doch erst sechs Uhr ist.

In Paris wird es endlich auch Herbst, man hat ja lange genug darauf gewartet. In den letzten Tagen war es immernoch regelmäßig über zwanzig Grad warm und die Bäume fast alle noch grün. Doch jetzt, wo es plötzlich bedeutend früher dunkel wird, nähert sich der Winter mit Macht.

Gestern war ich mit einem Freund entlang der Seine unterwegs und habe ein paar herbstliche Fotos gemacht, die ihr gleich heute als neue Fotogalerie geliefert bekommt. Mit Pullover konnte man sich auch noch gemütlich in die Parks setzen.

Foto: Eine riesige Terasse im zwanzigsten. Und dazu ein riesiger Abendhimmel.

> Zur Fotogalerie.

Sonntag, Oktober 29, 2006

Ein paar Bilder






Ich habe es offensichtlich geschafft, schonmal zwei Alben mit Bildern online zu stellen. Es war ein langer Kampf, aber nach einem Reigen lustiger Fehlermeldungen bin ich durch!

Hier gehts nochmal ins "Maxime"

Und hier ein paar meiner persönlichen Pariser.

Ich habe nicht von allen meinen Parisern Fotos, und von manchen mehr als von anderen. Aber mit der Zeit versuche ich eine möglichst vollständige Sammlung anzulegen. Nur Geduld.

Hier noch ein kleines Filmchen, das mir ein Freund auf Youtube empfohlen hat. Ein kleiner Einblick in die Stimmungslage in den (nördlichen) Banlieues.

Samstag, Oktober 28, 2006

Bei den Guten


Sprösslinge großer Französischer Familien und sehr begabte Schüler aus aller Welt dürfen in Paris die Science Po besuchen. Alldiese und auch ich, lediglich mittelbegabter Sprössling einer ganz und gar unfranzösischen Familie. Es kommt eben auf die richtigen Bekanntschaften an - etwas, auf das in Frankreich noch sehr viel mehr Wert gelegt wird als anderswo. Vielleicht kommt mir das aber auch nur so vor, denn es verhält sich nun mal so, dass alle, die in Frankreich etwas zu sagen haben oder haben wollen in Paris sind. Und nach dem Gesetz der großen Zahlen ist es also sehr viel wahrscheinlicher in dieser Stadt die richtigen Leute kennenzulernen.
Im Endeffekt bin ich also quasi reingerutscht - in eine Vorlesung an der Science Po am Freitag Morgen, zum Thema "la naissance du liberalisme". Auf der Straße vor dem ehrwürdigen Gebäude in der Rue Saint Guillaume warte ich in einer Traube von lauter supergescheiten Studenten - dem besten was Frankreich in die Politik (und heutzutage noch vielmehr in die Wirtschaft) entlassen kann und fühle mich ein bisschen primitiv - nicht nur was den Kleidungsstil anbetrifft. Arnaud begrüßt mich mit beachtlich wenig Verspätung an diesem Morgen und auf dem Weg in den Vorlesungssaal begrüßt er noch kurz einen seiner Studienkollegen - den Sohn des französischen Botschafters in Polen - der aber seinerseits gerade in eine Konversation mit anderen Konsulars- Aristokraten- und Wirtschaftsgrößen-Söhnen vertieft zu sein scheint.

Der Professor heißt Raynaud und soll auf seinem Gebiet in Frankreich eine der ganz großen Leuchten sein, bringt aber selbst wenig Esprit in die Veranstaltung. Hinter dem mächtigen Pult des Hauptvorlesungssaals des Gebäudes sieht man kaum mehr als seinen breiten Kopf. Auf die Ellbogen gestützt erzählt er ungerührt von den Theorien von Hobbes und Locke und seine Aussprache ist so unbemüht, dass mir regelmäßig die letzten Worte seiner langen Sätze entgehen. Dennoch komme ich nach einiger Zeit ganz gut rein und verstehe die Mehrheit dessen, was er zu berichten hat.

An meiner eigenen Uni in Creteil, die wohl eher mit einer deutschen Fachhochschule zu vergleichen ist, habe ich noch ein bisschen darüber gelächelt, wie emsig sämtliche Studenten den Stoff der Vorlesungen mitschreiben um ihn dann auswendig zu lernen. Mit leichter Verwunderung stelle ich nun fest, dass es auf der besten Schule des Landes kein bisschen anders zugeht. Auf allen Bänken liegen Blöcke oder klappern die Tastaturen der Laptops und mit akribischer Sorgfalt wird jedes Detail notiert. Auch hier ist die Devise: Auswendiglernen, was der Professor vorbetet. Aber eben in einer edleren Atmosphäre.

Nach der Vorlesung steht noch ein kurzes Treffen mit einer Kommilitonin von Arnaud auf dem Plan, die ihm einen polnischen Text korigieren soll. Anschließend gehen wir einige Straßen weiter in die nächste Mensa von "Crous de Paris". Hier fühle ich mich dann nicht mehr ganz so abseitig. Auch ganz "normale Studenten" von der Sorbonne sind da.

Fotos: Oben: Arbeitstreffen in der Cafeteria, Unten: Der "Pausenhof" von Science Po.

Donnerstag, Oktober 26, 2006

Brûle le bus!


Sie haben heute Nacht drei Busse angezündet, um damit feierlich den Jahrestag der Unruhen vor einem Jahr zu begehen. In Paris freut man sich jetzt auf einen temperamentvollen Presidentschaftswahlkampf und der Nachtbusverkehr in den Süden von Paris (also zu mir) wurde aus Sicherheitsgründen eingestellt.

Ich war heute Morgen sowieso schon in der Stadt und da bekommt man von all dem nicht viel mit. Man hat vielmehr den Eindruck, dass die Banlieues auf einem anderen, weit entfernten Stern liegen und so tat die Verteidigungsministerin gut daran noch einmal allen Parisern zu erklären, dass die meisten Menschen der Vororte gar nicht so grauenvoll seien, sondern nur in Frieden leben wollten.

Tatsächlich hat man nicht das Gefühl in No-Go-Areas herumzulaufen wenn man Creteil, oder auch die Viertel im Norden (ich kenne dort inzwischen Pantin und Clignancourt) bei Tag betritt. Und auch nachts ist mir noch selten unwohl geworden. Das Problem sind allein die Jugendlichen, die in Gruppen unterwegs sind und um die ich auch am Tag gelegentlich einen Bogen mache. Wohl zum großenteil aus Langeweile (man könnte es politisch korrekt auch Perspektivlosigkeit nennen) beschließen sie dann spontan Busse niederzubrennen.

Ich war heute mit einem Freund auf "Einkaufstour". Freilich haben wir nichts gekauft, sondern lediglich die Auslagen und die Passanten davor besichtigt. Preise sind hier nämlich noch echte Preise - niemals Schnäppchen. Wir hätten da schon das ein oder andere gefunden: Eine Jeans für 390 Euro bei Printemps oder Gürtel für weit über 200 Euro gerade um die Ecke.

Man fühlt sich schon verdammt arm hier, wenn man als Student durch die Gegend läuft und sieht wie viele Menschen in diesen teuren Kaufhäusern am Ende tatsächlich an der Kasse stehen. Aber deshalb Busse niederbrennen?

Foto: "Avant de monter dans le bus, l'homo modernus abandonne son agressivité" Ein Plakat, dass randalierenden Jugendlichen an die Nieren gehen und sie von weiteren "Brûle le Bus"-Aktionen abhalten soll.

Dienstag, Oktober 24, 2006

Ein Konto bei der Weltbank


Heute Morgen hieß es früh aufstehen: Die Filiale der Weltbank in Paris lud zur Vorstellung des "World Development Report" und nach einem Hinweis durch unseren Professor hatte ich mich auf die Gästeliste setzen lassen.
Die Weltbank, mit dem wenig sympathischen Herrn Wolfowitz an ihrer Spitze, hat den Auftrag die Entwicklung benachteiligter Länder durch Beratung und finanzielle Hilfen anzutreiben. Jedes Jahr wird der "World Development Report" veröffentlicht, der sich jeweils auf einen Schwerpunkt der Entwicklungsprobleme fokussiert. Dieses Jahr ist das Thema des Berichts die große Gruppe der 12-25 Jährigen Jugendlichen, die eine Ausbildung auch über einfaches Schreiben und Rechnen hinaus benötigen.
Nach der Sicherheitskontrolle im "Centre international des congresses Kléber" fand die Empfangsdame tatsächlich meinen Namen zwischen dem vieler arrivierter Herren in feinen Anzügen und da ich nicht der einzige von unserer Universität war, der im Sitzungssaal Nr 8 platz nahm, freute sich die Moderatorin der Veranstaltung über so viel junges Publikum.
Hinter den Mikrofonen nahmen drei Herren und zwei Damen Platz. Der jüngste von ihnen war der Herr von der Weltbank, die Dame mit den roten Haaren links von ihm die Moderatorin.
Auf der Gegenseite: Vertreter der NGOs sowie des französischen Staates, die den Bericht kommentierten.
Zunächst wurde der Bericht vorgestellt - dann zerissen. Der arme Mann von der Weltbank (lustiger Ausdruck irgendwie) hatte alle Mühe mit seinem leicht eingeschränkten Französisch all den Professoren und Dozenten im Saal (und einem Ex-Mitarbeiter derselben Bank) stand zu halten, die alle ganz anderer Meinung waren. Das Glück war nicht auf der Seite des kleinen Mannes von der Weltbank, als irgendein Protestler auf der Straße vor dem Gebäude auch noch seine Hupe auf Dauerbetrieb stellte und die Veranstaltung so einige Minuten lang störte.

Jetzt kann ich mir überlegen ob ich genug verstanden habe um meine Semesterarbeit (die gerade zu einer Jahresarbeit ausgeweitet wurde) mit dem Bericht zu bereichern. Ich bin noch immer auf der Suche nach einem Thema, dass ich gut bearbeiten kann.

Fotos: Oben: Präsentation des Welt-Entwicklungsberichts in Paris, Unten: Entwicklungshilfe, wie sie in unserem Wohnheim praktiziert wird.

Sonntag, Oktober 22, 2006

Elitär im Maxime


Einmal im Monat verwandelt sich eines der teuersten Pariser Restaurants (und Cafés) - das "Maxime" - in einen Nachtclub der ganz besonders elitären Art. Das Gebäude im Art-Deco und Neo-Klassizistischen Stil zwischen Place de la Concorde und Madeleine erhält eine dramatische Innenbeleuchtung und dient als extravagante Kulisse für einen nicht ganz billigen Party-Abend.
Die Gäste sind vielleicht ein bisschen "over the edge" aber allein die vielen beeindruckenden Räume auf vier Stockwerken lohnen es, einmal hereinzuschauen. Während in den großen Sälen des Hauses unter Kronleuchtern oder Pflanzenmustern auf edlem Teppichboden getanzt wird, gibt es auch genuegend Zimmer wo man sich in relativer Ruhe und mit einem gewissen Schauer im Rücken an Kaminen und zwischen vielen Spiegeln und Lampen unterhalten kann.

Ein bisschen aber nicht vollkommen "over the edge" waren wir auch als wir uns nach einem gemeinsamen Abendessen mit Käse, Baguette und Wein in der Warteschlange einreihten.
Der Abend ging bis 4 Uhr, dann wurde Operation "Evakuier den Gast" in Gang gesetzt - sprich, mein Besuch musste zum Flughafen befördert werden, von wo zu morgendlicher Stunde der Flieger in die Heimat abheben sollte.
Die Problematik lag bei dieser Operation freilich in der Tatsache, dass 1. die Metro erst um halb sechs wieder den Betrieb aufnimmt und 2. die Vestiare des "Maxime" keine Gepäck-Lagerhalle besitzt. Ergo war das Gepäck in einer Wohnung im Süden bei Metro St. Marcel geparkt, während sich die Zielperson im Zentrum und der Flughafen weit im Norden der Stadt befanden. Aber bereits Tage zuvor hatten wir eine ausgeklügelte Kombination an Nachtbusverbindungen herausgearbeitet, die eine sichere Evakuierung ermöglichen sollten - vorausgesetzt die Nachtbusse fuhren wie ihnen befohlen wart. Und tatsächlich - Um 5.21 saß die Zielperson im Zug nach Charles de Gaulle und ich durfte endlich "schlafen" gehen.

Foto: Die Decke über einem der "Dancefloors" des Maxime...

Samstag, Oktober 21, 2006

Pulp und Party


Besuch aus der Heimat ist naturgemäß ein gewisser Koordinationsaufwand. Schon vor Wochen habe ich angefangen auszukundschaften, was ich mit meinem Gast so alles machen könnte, welche Partys sich ankündigen und bei wem in der Stadt wir danach übernachten könnten.
Schließlich hat sich der Aufwand gelohnt. Mein Plan funktioniert fast reibungslos. Allein der Wunsch "noch mal schnell nach Creteil zum frisch machen" (mit dem ich eben nicht gerechnet hatte) bringt uns gelegentlich ein bisschen in Zeitnot - aber in Frankreich kommt es ja wie gesagt auf eine halbe Stunde mehr oder weniger nicht an.
Tag zwei unseres Programms endet nach einem sehr netten Abendessen mit meinen beiden Spezial-Franzosen, Nicolas und Arnaud (beim Inder in der Rue Faubourg-St-Denis - "sympa!") in einem Laden an den Grands Boulevards - dem "pulp". Bei "musique electronique" bevölkern hier einige Frauen das Tanzparkett, die auch sehr hübsche Jungs sein könnten. ("liberer les femmes depuis 10 ans")

Am nächsten Morgen wachen wir in Nicolas Wohnung auf und verbringen von dort aus einen schönen Vormittag in den Straßen des Marais, in der Gegend des Centre G. P. in einer Creperie "Beaubourg" gleich um die Ecke und in einigen Geschäften.
Wir besichtigen die Galerien am Place des Vosges und "flanieren" entlang der Rue Rivoli. Dieser Abend soll sich etwas ruhiger Gestalten - nur etwas allerdings.
Wir sind eingeladen zu einer privaten ERASMUS-Party in Ivry sur Seine "auf dem Weg nach Innen" quasi, von Creteil aus gesehen.
Die Party findet in der beeindruckenden Wohnung von Andrea, Holger und Ricardo, einem Portugiesen, statt. Die Portugiesen sind es schließlich auch, die mit ihrem Temperament zusammen mit den Italienern diese Party stimmlich domminieren.
ERASMUS-Partys sind eine lustige Sache, allerdings bergen sie doch die Gefahr, dass Gespräche dort oft sehr einseitig auf Uni-Themen und den bekannt unergiebigen Woher-kommst-du-was-machst-du-so floskeln beschränkt sind. Abgeholfen hat heute an dieser Stelle der Sangria. Trotzdem machten wir uns dann noch vor der letzten Metro auf den Heimweg nach Creteil.

Fotos: Oben: Große Party in kleinen Räumen. Unten: Mein erstes brennendes Auto in Creteil. Direkt vor meinem Lidl, auf dem Rückweg von der Erasmus-Party.

Donnerstag, Oktober 19, 2006

Besucherstroeme


Ich habe wieder Besuch. Eine Freundin aus der Heimat schlaeft derzeit bei mir im Zimmer auf dem Fussboden (kein Zustand, wie mir eine der Rumaeninnen vorwirft) - darf dafuer aber an meinem reichhaltigen Kulturleben hier teilhaben.
In der letzten Zeit haeufen sich die Besuche aus der Heimat etwas, bei der Besuchskoordination stellt sich dadurch allerdings auch etwas mehr Gelassenheit ein. Wenn die Gaeste abends mit Blasen an den Fuessen ins Bett fallen, schnurre ich zufrieden und kuendige ohne mitgefuehl einen weiteren Gewaltmarsch fuer den naechsten Tag an.
Nicht dass wir besonderen Wert auf Laufen legten, aber allein der Besuch eines Musée d'Orsay und der anschliessende Walk zum Virgin Megastore bringt ungeuebte Fuesse in arge Bedraengnis. Ich selbst hatte in den ersten Wochen hier auch Knieprobleme (obwohl ich nicht jeden Tag mit dem Foto um den Hals ein Dutzend Monumente abgeklappert haette), inzwischen sprinte ich wie ein junger Afrikaner durch den Stadt-Dschungel. In einer so grossen Stadt laeuft man einfach zwangslaeufig mehr, als in dem kompakteren Mainz.
Der gemeinsame Besuch einer Vorlesung war hingegen fuer meinen Gast kein rechter Hammer. Economie de l'incertitude et de l'information hat einfach nicht das Potenzial die Massen zu begeistern. Nach der Haelfte der dreistuendigen Veranstaltung mit viel Mathe und noch mehr Variablen trennte man sich guetlich.
Erfolgreicher soll da doch schon die Abendplanung werden. Gestern Abend sind wir erstmal bei einem Freund im 17. Arrondissement eingefallen und haben einen eher gemuetlichen Abend zwischen Sofas und Wuerstchen verbracht. Heute Abend geht es dann aber mal wieder "en boite" ins "pulp", wo ich allerdings selbst noch nicht war.

Foto: 1. Musée d'Orsay; 2. Abends noch zu Freunden fuer einen gemuetlichen Plausch.

Mittwoch, Oktober 18, 2006

Paris Culture


Unter meinen deutschen Freunden in Paris hat sich inzwischen eine Art Exil-Clique gebildet. Zu viert oder fünft treffen wir uns an einigen Abenden der Woche meist zunächst irgendwo zuhause zu Essen und Trinken und politischer Diskussion. Später geht es dann in die Stadt - ins Marais oder noch später in einen der Clubs.
An vielen Abenden sind auch noch Gäste zugegen - eine Kollektion neu hinzugezogener Deutscher der letzten 36 Stunden etwa, oder Franzosen, die schicksalshalber unseren Weg kreuzen. Meistens ist es dann Christian - der einzige mit Internet - der das Programm vorschlägt und zum Beispiel Cocktailempfänge in der Sorbonne oder doch eher etwas Kultur im Louvre empfiehlt.
Auf jeden Fall soll das Jahr in Paris nicht ungenutzt bleiben und die Stadt der grossen Monumente reichlich erforscht werden.
Den Lehrauftrag dafuer hat Florian, seines Zeichens Kunsthistoriker. Gestern besichtigten wir zum Beispiel das Panthéon, in dem Victor Hugo seine letzte Ruhe gefunden hat. Florians Studium eignet sich hervorragend fuer Reisefuehrer: "Ludwig der 15 erbaute die Kirche in der zweiten Haelfte des 18. Jahrhunderts als Ehrerweisung an eine Heilige, der er seine Genesung nach einer ueblen Krankheit zuschrieb." Wir schreiten durch die Krypta, wandeln unter der hohen Kuppel der Kirche und besichtigen den Portikus ("korinthische Vollsaeulen"). Schliesslich verdreht Dirk die Augen immer mehr und fuegt hinzu: "und am Ende der Strasse ist ein Mc Donalds - ich habe Hunger". Und so geht ein weiterer Kulturschwangerer Nachmittag in Paris zuende...

Foto: "Ein klassisches Hotel Particulier. Auf dem Tor entdecken wir das Medusenhaupt, dass alle Feinde zu Stein erstarren laesst und unter dem Torbogen eine Alligoration des Krieges zur Linken, sowie eine der Wissenschaft zur Rechten Seite." (Florian nach einigen Bier unterwegs im Marais)

Dienstag, Oktober 17, 2006

Fêter au Queen


Das Le Queen ist einer der angesagtesten Pariser Clubs - prominent gelegen direkt an der Avenue des Champs Elysées und ein Muss für jeden, der die Pariser Party-Szene ein bisschen kennen will. Da ich mir in meinem geographischen Ehrgeiz diese Stadt gründlich kennen zu lernen auch eine gewisse Kenntnis des Nachtlebens verschrieben habe, war klar, dass ich hier nicht umhin käme einmal selbst die 15 Euro Eintrittsgeld zu berappen.

Als ich am Sonntag Abend den Club dann endlich betrete ist er viel kleiner als ich ihn mir vorgestellt habe. Die Stimmung ist dafür umso besser. Der Abend nennt sich Overkitsch und einige Gäste kommen dem Motto mit ihrem Aussehen mehr als nach. In der Metro sitze ich mit meinem amerikanischen Begleiter gegenüber eines rosa Engels, der dann - einen Zauberstab schwingend - zur gleichen Party geht.

Der Dj legt ordentlich tanzbare Musik auf und dank der luxuriösen Klimatechnik kommt man auch nicht so schnell außer Atem. Zwangsläufig geht der Abend bis in die frühen Morgenstunden - angereist sind wir mit der letzten Metro des Tages. Meine Begleitung ist in diesem Club offensichtlich sehr heimisch - ich werde herumgereicht und mit der halben Tanzfläche bekannt gemacht. Aber aufgrund guter Vorbereitung und weil ein Freigetränk im Eintrittspreis enthalten ist, sorgen die fallenden Hemmschwellen bald ohnehin für kollektive Verbrüderung.

Noch vor fünf Uhr verlassen wir dann den warmen Tanzsaal und müssen also eine Weile im Freien vor den noch verschlossenen Metro-Toren verbringen. Noch nie habe ich gesehen, wie so ein Betriebsbeginn der größten europäischen Untergrundbahn abläuft. Um kurz nach fünf fährt an der Station Louvre-Rivoli ein Wagen vor und eine Pullover-bewehrte, gemütlich proportionierte Frau - die Schlüsselmeisterin - steigt aus. Als wäre es ihre eigene Wohnung, schließt sie gemächlich auf und fährt das Absperrgitter nach oben.

Ich hatte gedacht diese Tore öffneten sich automatisch. Aber tatsächlich erwacht diese Metro überall in der Stadt auf die gleiche Weise: Pullover tragende, mittelalte Frauen steigen aus französischen Kleinwägen aus und schließen auf. Daraufhin räumen sie ihr Frühstückszeug ins kleine Büro und machen es sich hinter den Schaltern bequem. Um 5.30 rauschen dann die ersten Metrozüge in die Stationen und deren Fahrer sehen nicht einmal müde aus.

Foto: Neue Klamotten für Mutter. Auslage eines Modegeschäfts in der Rue St. Honoré.

Montag, Oktober 16, 2006

Pause beendet


Da bin ich wieder, nach einer wohlverdienten Auszeit von einer Woche. Nicht dass ich etwa nichtstuend unter einer Pariser Seine-Brücke versackt wäre - nein ganz im Gegenteil: Ich hatte viel zu tun.
Ja das mag unwahrscheinlich klingen, aber meine Eltern haben mich mit einem Besuch beehrt - eine sehr erfreuliche Sache einerseits - aber eben auch Kräfte zehrend und Zeit in Anspruch nehmend.

Wie das mit meinen Eltern in Paris immer so ist, waren wir viel zu Fuß unterwegs. Zwei Tage lang "flanieren" - entlang der Rue St. Honoré mit ihren teuren Geschäften, aber auch im Quartier Latin - dem Viertel der Sorbonne und anderer Pariser Universitäten.

Ich habe die letzten Tage auch verdammt gut gegessen. Jeden Abend in ein anderes Restaurant oder zu Bekannten - nie jedenfalls unter drei Gängen. Muscheln, Dorade, Confit de Canard und so weiter und so fort...

Bei einer solchen Gelegenheit sind wir auch meine finanzielle Situation durchgegangen und haben festgestellt - abzüglich meiner obligatorischen Ausgaben wie Miete, Essen und Metro bleiben mir am Tag derzeit exakt ein Euro. Das soll sich jetzt bessern...

Auch gebessert hat sich der Inhalt meines Kühlschranks. Ein Care-Paket mit 35 Maultaschen war im Gepäck meiner Eltern und stellt meine Ernährung bis zu dessen Ablaufdatum Ende des Monats sicher.

Nun bin ich wieder allein und freue mich auf das nächste mal richtig guten Essens an Weihnachten. Aber bis dahin geht es in Paris natürlich eifrig weiter. Die nächste längere Blog-Auszeit kündigt sich bereits für den 9. November an - wenn ich nämlich mit Arnaud nach Warschau fliege um einen Kommilitonen in seinem osteuropäischen ERASMUS-Abenteuer zu besuchen.

Foto: Flüge buchen besser immer zu zweit. Denn wenn man es mal anderen überlässt könnte der Flug plötzlich ungeahnt teuer werden... nicht wahr, Arnaud?

Dienstag, Oktober 10, 2006

Billig leben in Paris (3) - Wohnraumbeschaffung


Der Wohnungsmarkt in Paris im Allgemeinen, aber für Ausländer im Besonderen gilt als durchaus schwierig. Auch wenn ich inzwischen ein paar Leute kennen gelernt habe, die erzählen, innerhalb von drei Tagen gleich drei Wohnungen zur Auswahl gehabt zu haben.

Trotzdem (quand même) sind die Mieten hoch und für viele Studenten sind 500 bis 600 Euro im Monat für gerade mal zehn Quadratmeter mehr als unangenehm. Aber ähnlich wie mit dem Essen bei Ausländern und den teuren Partys mit Einladungen gibt es immer ein paar Tricks und Kniffe, die einem das Leben leichter machen können - wenn man es denn schon vorher gewusst hätte.

Gestern war ich mit Christian im Goethe-Institut, gerade gegenüber dem Jardin Luxembourg. Das Institut ist quasi ein öffentliches Wohnzimmer für Deutsche in dieser Stadt. Man kann kommen und gehen wie man will, setzt sich auf die Sofas und liest beispielsweise deutsche Zeitungen.

Aber es gibt auch einige Ordner mit Stellenangeboten und sonstigen Gesuchen - und genau das ist der Trick für die kostenlose (!) Wohnung in bester Lage. Es gibt nämlich eine Menge junger deutscher Familien, die gerade kürzlich erst nach Paris gezogen sind. Die Kinder gehen auf die deutsche Schule und die Eltern haben reichlich Geld. Und sie haben eine separate Dachwohnung, die sie einem Kindermädchen - oder einem Kindermännchen - gegen die Erbringung begrenzter Kinderbetreuungsdienste gerne "kostenfrei" überlassen.
Die Anzeigen dieser jungen Familien finden sich in den Ordnern des Goethe-Instituts gleich zu mehreren, und der sympathische Jungstudent sollte durchaus den Versuch wagen, bei diesen Leuten vorstellig zu werden.

Auch sonst gibt es übrigens einige durchaus nette Stellenangebote für deutsche Muttersprachler in diesen Ordnern zu finden.

Christian und ich allerdings wurden jäh in der Lektüre gestört als sich eine ältere, schon länger exilierte Deutsche uns gegenüber nieder lies und eine Diskussion darüber anfing, wer wohl die russische Journalistin Politkowskaja erschossen habe (Putin? Die Mafia? Ist Putin eigentlich überhaupt so böse?). Das Streitgespräch (des öfteren von der Verwalterin mit der Mahnung zur Ruhe unterbrochen) mäandrierte schließlich zu der eigentlich obsoleten Frage, ob das DDR-Regime tatsächlich krimineller war, als es das System der "BRD" heute ist.

Gottseidank platzte dann ein dritter Herr in die Runde hinein und mit dem mussten wir ganz schnell einen Trinken gehen.

Fotos: 40 Jahre Benetton - ein Grund zum Feiern für die besseren Kreise der Stadt und Modezaren aus aller Welt. Das Centre Pompidou diente als Kulisse für das Défilé mit den bunten Klamotten. Der Normalbürger musste natürlich draußen bleiben - und wurde wohlwollend via Leinwand vom Geschehen im Gebäude unterrichtet.

Montag, Oktober 09, 2006

Bon CV?



Ich muss den Blog-Titel ändern. Arnaud ist schuld daran. Gestern Abend war ich mal wieder bei ihm zu Besuch, ein bisschen was trinken - und eben auch im Internet rumsurfen.
Er erklärte mir, es sei lächerlich, zu schreiben, ich sei aufgrund eines ERASMUS-Stipendiums hier. Das Stipendium beträgt eh nur 90 Euro im Monat und wäre ja wohl nicht zu vergleichen mit einem echten Stipendium, wie zum Beispiel des akademischen Auslandsamtes oder einer vergleichbaren Einrichtung.

Er beließ es noch nicht dabei, sondern steigerte sich in eine kleine Ansprache hinein: Ich hätte ja nicht viel geleistet um dieses Stipendium zu kriegen - jeder könne das. Ein echtes Stipendium - ja das habe vielmehr mit Leistung zu tun und ist etwas mit dem man gerne im eigenen CV (Lebenslauf) Punkte sammelt.

Ich fand das erstmal lustig - aber Arnaud denkt wie viele Franzosen (und auch wie einige Deutsche, wobei ich das Gefühl habe, dass diese Denke hier mehr verbreitet ist.). Ein perfekt durchgestyltes CV ist hier alles und ein bedeutendes Statussymbol. Jeder, der etwas auf sich hält, hat das persönliche CV in perfektem Layout auf dem Computer gespeichert und hält es ständig auf dem Laufenden. Stipendien, Sprachkenntnisse, Zusatzqualifikationen und ganz wichtig: Der Name der Universität oder Grande Ecole, auf der man studiert. Ich habe das Gefühl, vieles im Studium in Frankreich hängt vom Ruf ab, den die Schule hat, auf der man sich anmeldet. Namen und Titel sind viel wert - Arnaud geizt nicht damit, er kann auch einiges Vorweisen. Ziemlich oft betont er, dass nicht jeder auf der Science Po studieren darf - der Universität von Chirac und Sarkozy.
Aber eben deshalb nimmt Arnaud "Anstoß" daran, wenn jemand (ohne sich dabei etwas zu denken) sich mit falschen Federn schmückt.

Amüsanterweise hat Arnaud nicht nur sein eigenes CV auf dem Computer gespeichert, sondern auch diejenigen seiner beeindruckendsten Freunde - zum einen wohl aufgrund von Bewunderung, zum anderen auch, weil man sich gerne im Glanze erfolgreicher Menschen sonnt. Ich gebe zurück, dass ich von dieser Art Kult nicht viel halte. Meiner Meinung nach, kommt es nicht so sehr auf die beeindruckenden Namen von Stipendien und Universitäten, sondern eher auf Fähigkeiten und Persönlichkeit an - Dinge, über die ein CV nur bedingt Aufschluss gibt.

Dennoch gebe ich mich schließlich in gewisser Hinsicht geschlagen: In der zweiten Zeile des Blog-Titels steht nun nicht mehr "Mit einem ERASMUS-Stipendium", sondern "Im Rahmen des ERASMUS-Programms...". Wie um zu beweisen, dass all die Aufregung nicht ganz ernst gemeint war, fügt Arnaud noch hinzu: "Ich würde mit niemandem ins Bett gehen, dessen CV ich nicht gelesen habe."

Foto: Wahlkampfauftakt? Seitenstraße des Blvd des Champs Elysée.

Sonntag, Oktober 08, 2006

La Nuit Blanche



Es ist Sonntag, die Pariser Modewoche geht zuende (Florians "anstrengender" Job als Habilleur damit auch) und in der letzten Nacht war die gesamte Grande Nation unterwegs auf Paris' Straßen um die "Nuit Blanche" zu begehen.

La Nuit Blanche ist hier sowas wie die Nacht der offenen Museen zwischen Heidelberg und Ludwigshafen, nur viel größer und ohne öffentlichen Nahverkehr. Denn der macht unbeeindruckt weiterhin um halb eins dicht - nur die automatische Metro-Linie 14 fährt ausnahmsweise mal durch.

Meine Nuit Blanche beginnt in Creteil - eine Bewohnerin (der Name wir Una ausgesprochen, keine Ahnung wie man ihn schreibt) aus dem gleichen Block hat zum Geburtstag eingeladen. Ich klopfe an der Tür und werde freundlich eingelassen - ich bin der einzige Deutsche in einem Haufen von zehn rumänischen Mädels. Naturgemäß stehe ich sofort im Zentrum des Interesses, aber man versichert mir, nicht gleich über mich her zu fallen, wenn auch der Mangel an Jungs schon ein wenig frustrierend sei. Ich nehme einen tiefen Schluck und schätze, der Abend kann noch lustig werden.

Mein Mitbewohner kommt etwas später ebenfalls in die Runde und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Um zwölf Uhr brechen wir alle schon leicht angeheitert auf und nehmen die letzte Metro in die Stadt. Einen richtigen Plan, was wir sehen wollen, hat keiner. Alles was wir wissen: Am Place de la Concorde gibt es einen Info-Stand.

Die Dame am Infostand versucht Una zu überzeugen, dass la Nuit Blanche zu allererst ein kulturelles Ereignis ist, an dem man die überall geöffneten und illuminierten Museen besuchen sollte. Es gäbe Konzerte und Happenings die ganz wundervoll wären. Doch Una will wissen, wo man heute Abend hier Party machen kann. Da kann und will die Dame vom Infostand aber nicht weiterhelfen.

Also machen wir uns auf die Suche und im Laufe der Nacht werden wir fast ganz Paris zu Fuß durchqueren. Es gibt durchaus eine Menge zu sehen. Die Wahrzeichen der Stadt sind prächtig illuminiert, der Obelisk am Place de la Concorde zum Beispiel leuchtet in tiefem blau. Der Champs Elysee ist noch nachts um drei vollkommen überfüllt - Millionen von Passanten flanieren hier zwischen teuren Clubs und hoher Kultur, der obligatorische Verkehrsstau auf der Prachtstraße will auch bis zum Morgengrauen nicht vergehen. Viele Leute in unserem Alter sind ebenfalls unterwegs - mit glänzenden Lackschuhen, langen Mänteln und edlen Schals. Ihre Firsuren sind verwegen und die Mädchen in ihrer Begleitung scheinen just aus den letzten Veranstaltungen der Fashion-Week entnommen zu sein.

Unsere Gruppe wird kleiner. Einige Mädels können nicht mehr, anderen sind die Preise zu hoch. Wieder andere - wie etwa das Geburtstagskind zusammen mit meinem Mitbewohner - verlieren wir einfach in der Menge. Zu fünft kaufen wir uns um halb 4 schließlich am Grand Boulevard in einen Laden ein, der leider viel zu verraucht ist. Ich denke gerade noch bei mir "ein bisschen viel Irland" als der DJ als nächstes U2 zum besten gibt. Nichts gegen Kerry-Gold, aber in Paris war ich auch schon schicker weg.

Wir bleiben bis der Laden schließt und sind schließlich wieder unterwegs - Morgens um halb sechs auf dem Blvd Stebastopol - grob in Richtung Creteil. Als wir noch einen Schlenker durch das Marais gehen wollen, laufen wir zwei alten Bekannten von mir in die Arme - Christian und Florian haben hier die Nacht verbracht (jemanden in Paris zu treffen, den man kennt, ist mir in der letzten Zeit schon zweimal passiert - ein Anzeichen dafür, langsam dazuzugehören?).

Die beiden wollen noch ein bisschen Nuit Blanche machen und zusammen steuern wir die Eglise St Eustache an (der Kunsthistoriker Florian kommt ins Schwärmen - nicht der gleiche Florian übrigens, wie im ersten Abschnitt), wo es noch ein Konzert zeitgenössischer Musik geben soll. Gibt es aber leider nicht.

Die Mädels sind nun alle endgültig am Ende und verabschieden sich in die wieder verkehrende Metro. Ich gehe mit den beiden anderen noch Frühstücken, an einer Imbissbude um die Ecke, mit Amélie als Begleitmusik aus einem abgestellten Auto. Schließlich verabreden wir uns für 12 Uhr zum Brunch (im Crous Club für 2,75 Euro) - daraus wird aufgrund von allgemeiner Schläfrigkeit dann allerdings auch nichts mehr.

Um sieben Uhr geht die Nacht zuende, es wird hell, ich bin zurück in Creteil (mein Mitbewohner ist auch schon da und kocht gerade) und irgendwie hat nichts so richtig geklappt, aber lustig war es doch schon.

Fotos: Der erleuchtete Obelisk am Place de la Concorde sowie ein überlasteter Nachtbus - RATP macht keine Extraschichten für la Nuit Blanche...

Essen im Exil (2)


Aus gegebenem Anlass gibt es heute eine neue Folge von: Essen im Exil - "the worst case scenario".
Die Ausgangssituation ist denkbar einfach: Die Nacht war um sieben Uhr zuende, aber auf dem Heimweg von der Metro hat man es leider verschwitzt bei der Boulangerie um etwas frisches Baguette zu bitten. Geschlafen bis um halb drei, hat man dann auch keine Lust mehr an einem Sonntag nach frischem Baguette zu suchen. (oder das frische Baguette des Mitbewohners anzubrechen, der leider nicht da ist und den man deshalb nicht freundlich fragen kann.)

Es bleiben: Eine Dose Bohnen, Zwiebeln, Öl (der treue Begleiter) und eine Mumie von Baguette von vor Tagen im Kühlschrank.

Der Topf wird erst gespühlt und dann auf der Elektro-Kochplatte erhitzt. Die Zwiebel wird in Olivenöl ange - wie sagt man? -dünstet? Dazu kommt die Dose Bohnen aus dem Lidl sowie zur Würzung Salz und Pfeffer. Aber niemand ernährt sich gerne von einer Gemüsebeilage allein. Also stellt sich die Frage: Wie bekommt man das harte, trockene, bröselige Baguette wieder flott?

Die Antwort geben Mister Olivenöl, eine Zehe Knoblauch, ordentlich Pfeffer und Kräuter der Provence. Man braucht sich an dieser Stelle nicht die Mühe zu machen und zu versuchen, das Brot in Scheiben zu schneiden - es wird nicht funktionieren. Ein Hammer macht den Job genauso gut. Die größeren und kleineren Trümmer werden nun in einer Ecke des Topfs neben den Bohnen in einem Olivenöl-Bad zusammen mit dem Knoblauch und den Gewürzen ertränkt. Je nach Grad der Olivenöl-Sättigung kann man die Brotkonsistenz zwischen "noch knusprig" und "schon zäh" variieren. Fürs Auge, aber vor allem auch für den Geschmack bekommt jedes Stück Brot eine Einzelbehandlung mit dem Kräuter-der-Provence-Spender.

Das ganze wird dann in einem tiefen Teller auf der sauberen Hälfte des Tisches serviert. Als Getränk bietet sich hier ein Glas puren Quellwassers an ("Vittel-isez vous"). Nicht vergessen: Die tägliche Tablette Vitamin-C zum Ausgleich. Bon appetit!

Samstag, Oktober 07, 2006

Der französische Akzent oder: "Je progresse!"


Wenn man meine letzten Einträge durchschaut könnte man meinen, ich käme kaum mit echten Franzosen in Berührung. Der Eindruck täuscht etwas. Mit Zweien treffe ich mich sogar recht regelmäßig. Der eine ist Arnaud,dem ich - vor Neid leicht mit dem linken Auge zuckend - letztens bei der Einschreibung in einer Pariser Eliteschule zuschauen durfte. Danach hatte er uns aber Eintrittskarten für die Mondial de l'Automobile organisiert. Mit dem anderen, Nicolas, Student der slawischen Sprachen an einer anderen Grand Ecole, war ich gerade mal wieder Abendessen. Normalerweise geht man mit mir nicht gern Abendessen - man kocht mir lieber zuhause, da ich inzwischen doch als echt deutscher Geizkragen bekannt sein dürfte - aber bitte: Jeden Tag 15 Euro für ne Pizza plus Boisson ist halt nicht drin bei mir.

Mit Nicolas spreche ich auch tatsächlich fast immer französisch. Meine Aussprache scheint ihn sehr zu amüsieren, auch wenn er immer wieder beteuert "so schlimm ist sie gar nicht". Arnaud nannte den Akzent letztens "mignon" - also süß - und behauptet standfest, selbst keinen Akzent im Deutschen zu haben. Da täuscht sich der Teure allerdings ein wenig. Eine Bedienung im le Carré ließ mich letztens eine Bestellung drei mal wiederholen, "weil der Akzent so toll ist".

Wird der Abend später und die Sätze komplizierter beginnt der Mundraum leicht zu schmerzen. Das Verständnis wird über den Abend in der Regel immer besser - wenn Nicolas etwa mit anderen Freunden zusammen sitzt, kann ich mich im Laufe der Unterhaltung immer besser an Tempi und Aussprache der Konversation gewöhnen. Die eigene Sprachfähigkeit nimmt aber irgendwann wieder ab - wie das halt so ist mit dem Alkohol.

Die Diskussion um den brauchbarsten Akzent ist unter Sprachstudenten allgegenwärtig und als Französisch-Frischling werde ich da auch ständig mit reingezogen. Matthieu, noch ein Franzose, ist wie Arnaud des Deutschen und Polnischen mächtig, macht sich aber überhaupt nichts aus seinem Akzent. Er vertritt die sympathische Meinung: "Hauptsache ich werde verstanden". Sein Deutsch ist wirklich fast fehlerfrei, aber die Betonung ist superlustig.

Weitere lustige Akzent-Kombinationen sind Portugiesen, die Französisch sprechen, Christian der einen "Croque Mongsieur" bestellt, Nicolas, der einen Karl-Lagerfeldschen Akzent ganz gut immitieren kann ("Schö Brokress"), Arnaud, wenn er schweizerdeutsch redet oder Florian und ich, die wir uns auf hessisch und pfälzisch unterhalten, damit die anwesenden Franzosen mal ausnahmsweise nichts verstehen.

Foto: Haben fast keinen Akzent: Russen, die französisch sprechen. Diese alte Russin aber belässt es bei russischem Liedgut in der Metro und verdient sich damit lautstark ein kleines Taschengeld.

Freitag, Oktober 06, 2006

ERASMUS-Party



Am Donnerstag steht normalerweise "Economie du Development" auf dem Stundenplan, aber diesmal sollte der Unterricht leider ausfallen. Alle hatten das mitbekommen - außer den ERASMUS-Studenten natürlich. Vielleicht geht doch noch ein bisschen zu viel Information verloren, wenn wir versuchen dem Unterricht auf französisch zu folgen.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen mit den anderen ERASMUS-Studenten fuhr ich in die Stadt, wo Christian - ERASMUS-Student auf einer anderen Pariser Uni - einen Umsonst-Cocktail-Empfang aufgetan hatte, zu dem wir uns einfach mal dazustellen wollten. Zu dritt (Florian, ein Kunsthistoriker aus Hamburg war ebenfalls dabei) fanden wir den Empfang für Studenten der Pariser Sorbonne schließlich im schönsten Saal der medizinischen Fakultät in der Rue des Ecoles.

Nur kurz dauerten die Ansprachen der offiziellen Vertreter dieser alt-ehrwürdigen Universität und schon kurze Zeit später stürzte sich eine ganze Meute über das exquisite kalte Buffet. Bei uns hatte es zwar ein warmes Buffet gegeben - aber lange nicht so fein und auch ohne die netten Kellner in schwarz-weiß. "Il fait un peu chaud ici" meinte Florian nach 4 Kir zu einem der amüsierten Kellner. Auf um die acht bis zehn Kir (Weißwein plus Cassis) brachte es jeder von uns, bis nach etwa einer Stunde alle Vorräte aufgebraucht waren. Es war nun kurz nach 18 Uhr und wir drei sowie ein Gutteil der anderen anwesenden Studenten waren bereits gut betrunken.

Wir beschlossen, den Rausch nicht einfach vergehen zu lassen sondern den Abend auch noch ganz im Zeichen eines erfolgreichen Auslandsstudiums zu gestalten: Um 11 Uhr beginnen donnerstags gleich zwei ERASMUS-Partys in der Stadt. So lange galt es allerdings das Niveau noch zu halten.

Eine der Partys findet an der Madeleine statt, die andere - unsere - im Mix-Club direkt unterhalb des Tour Montparnasse. Bis 12 Uhr kommen dort alle ausländischen Studenten umsonst rein. Die Disko ist recht groß und sehr modern gestaltet. Im Vergleich zu den Partys auf denen ich bisher gewesen war, war die Musik zwar weniger ausgefallen, sorgte aber doch von Anfang an für eine gute Stimmung.

Binnen einer Stunde war der Laden voll. Auch einige meiner Komilitonen traf ich in der Menge. Wenn man von oben auf die feiernde Masse schaute, bekam man eine Vorstellung davon, wie viele ERASMUS-Studenten es in dieser Stadt geben musste. Immerhin war es nicht mal eine besondere ERASMUS-Party die hier tausende Ausländer (alle mit einem Aufkleber auf der Brust der über die Nationalität auskunft gab) angezogen hatte. Aber man fühlt sich eben leicht sehr allein - als Ausländer in dieser großen Stadt.

Um 10 Uhr am nächsten Morgen war ich zurück in Creteil - pünktlich zum letzten Uni-Tag der Woche - der allerdings sicher nicht der produktivste werden sollte. (Immerhin: Ich konnte endlich meine Carte d'etudiant entgegennehmen)

Fotos (von oben nach unten): Teufelszeug: Kir wird großzügig ausgeschenkt an die unwissenden ausländischen Studenten, die nur wenig später in bester Stimmung in die abendlich überfüllte Metro tänzeln sollten.
Einiges los: Bei der Party im "Mix" ging es hoch her - von wegen Kinderdisko!

Mittwoch, Oktober 04, 2006

Kleine Bilanz nach einem Monat (mit einem Vorwort über Geldgeschäfte in Frankreich)


Noch ein kleiner Nachtrag zum Thema Geldgeschäfte in Frankreich: Um meine Miete zu bezahlen wollte ich das Geld eigentlich überweisen und fragte den Bankangestellten wo die Überweisungsträger auslägen. Das gibt es in Frankreich aber gar nicht. Überweisen ist hier scheinbar noch sehr unüblich. Er gab mir ein Überweisungsformular (das er erst selbst für mich ausfüllen wollte), in das ich tausende Angaben eintragen musste (nicht nur Kontonummer und BLZ sondern z.B. Adresse des Empfängers, eigene Adresse, den Betrag in Worten, verschiedene zusätzliche Zahlencodes etc.). Abgeben muss ich es persönlich bei der Bank, denn eine Quittung erhalte ich nicht per Durchschlag, sondern muss sie extra anfordern. Wirklich entspannend - normalerweise werden Geldgeschäfte in Frankreich per Euro-Scheck abgewickelt - da weiß ich wiederum nicht, wie das geht.

Ich habe seit einem Monat kein freies Feld und keinen Wald mehr gesehen. Nur überall Stadt. Das ist schon irgendwie lustig. Egal in welche Richtung ich von meiner Wohnung aus in einen Bus oder in den Zug steige (ich habe es ausporbiert!) - es kommt Stadt an Stadt und Haus an Haus. Einzige Unterbrechungen sind Flüsse, Kanäle, Eisenbahnschienen oder mal ein städtischer Park.

Seit einem Monat habe ich kein Fernsehen mehr gesehen. Gut - einmal bei einem Freund in der Stadt "Le maillon faible" (das schwächste Glied), eine französische Spielshow. Ansonsten höchstens mal ein Video und natürlich Kino. Im Endeffekt fehlt das Fernsehen kaum - wenn man es mit Internet ersetzen kann. Das hab ich aber auch nicht - zumindest nicht auf dem Zimmer und immer wenn ich es will. Um meinen Blog zu schreiben muss ich seit einem Monat immer meinen Laptop auf dem Weg zur Uni einmal anschmeißen um in der (hoffentlich) geschützten Ecke eines der Hochhäuser ins Wifi zu kommen. (oder - neue Angewohnheit, wenn ich in der Stadt bin: ich gehe in die Bibliothek des Centre George Pompidou)

Seit einem Monat habe ich keine Maultaschen mehr gegessen - und auch nicht die Möglichkeit dazu. Gut - ich könnte in der Delikatessabteilung des Lafayette mal freundlich nachfragen - aber selbst da dürfte ich abschlägig beschieden werden - Maultaschen - c'est quoi?

Seit einem Monat bin ich kein Auto mehr gefahren. Hier ist ja alles gut zu Fuß und mit der Metro zu erreichen. Keine Diskussionen von wegen: Wer fährt heute, wer darf nichts trinken? Aber irgendwie gehörte das auch immer zum Ritual dazu - die kleine Landpartie mit dem Auto bis man alle Mann zusammen hatte. Aber hätte man hier ein Auto - man wüsste ja gar nicht was man damit anstellen sollte. Einparken geht auch nicht.

Seit einem Monat habe ich mich auf keiner Studentenparty mehr betrunken. Impossible! (und bitte französisch aussprechen.) Bei 10 Euro für das Glas muss schon ein verdammt hoher Prozentsatz her, um besoffen zu werden. Die Lösung: Ganz Paris säuft vor. Das ist wahrscheinlich auch der Grund warum hier die Partys der Nachtclubs erst nach Mitternacht beginnen. Wir sitzen dann zu 6 in einer 10 qm Wohnung in der Innenstadt und lassen den Vin Rouge kreisen. Auch mal vodka - den man hier übrigens nicht mit Orangensaft, sondern hauptsächlich mit Apfelsaft mischt.

Der andere Grund warum ich mich seit einem Monat auf keiner Studentenparty mehr betrunken habe ist freilich der, dass ich seit einem Monat mehr auf keiner Studentenparty mehr war. Die fangen erst gerade wieder an - meine erste ERASMUS-Party steht ja auch noch aus. Die gibts hier übrigens Saison-unabhängig jeden Donnerstag an der Madeleine.

Seit heute in der Cafeteria, kenne ich auch noch ein paar mehr ERASMUS-Studentinnen. Von daher wird sich wohl bald eine Gelegenheit ergeben, bei der man diese Partys ausprobieren kann.

Gibt also noch eine Menge zu tun - die nächsten Monate.

Dienstag, Oktober 03, 2006

Organisation war nicht seine Stärke

Ein Bankkonto einzurichten und Bankverkehr an sich mag in Deutschland langweilig sein. Hier nervt es.
Heute war mein einmonatiges Wartejubiläum für meine Bankkarte der BNP und so habe ich sämtlichen Kram zusammen gepackt, den ich von dieser Bank bisher geschickt bekommen habe (also alles außer einem Brief für so etwas Ähnliches wie das "Post-Ident-Verfahren") und bin in meine Filiale gelaufen. Dort hatte man mir bisher, weil eben das "Post-Ident-Verfahren" zur Festellung meiner wahrhaften Existenz noch nicht abgeschlossen war, meine Bankkarte vorenthalten.
Ich lehrte am Schalter meine gesamten Papiere der BNP aus, erklärte, dass mir ein Monat Wartezeit ziemlich lang vorkämen und wartete auf eine Reaktion. Tatsächlich hat es geholfen. Umgehend bemühte man sich, mir die Bankkarte zu überreichen und heute Nachmittag habe ich feierlich die ersten 40 Euro abgehoben. Ein gutes Gefühl. Und eine Ausnahme, wie der Mann von BNP erklärte.

Vielleicht sollte ich auf eine ähnliche Tour einmal versuchen meinen Studentenausweis zu bekommen. Der lässt nämlich auch schon seit vielen Wochen auf sich warten. Um an die mit einem solchen Ausweis verbundenen Vergünstigungen heranzukommen, benutze ich derzeit noch (bisher übrigens stets erfolgreich) meinen Studentenausweis der bekannten Harald-Schmidt-Universität.

Gestern habe ich einen Schweizer kennen gelernt, dem der französische Hang zum Chaos und zur Verschleppung von organisatorischen Aufgaben zu viel ist. Während wir zusammen mit Arnaud den Pariser Autosalon besuchten (Arnaud hatte Einladungen ergattert), erklärte er, seinen Frankreichaufenthalt früher abbrechen zu wollen. Vielleicht ist seine missmutige Stimmung aber auch in seinem Job für Disneyland-Paris begründet. Zum Ende jeden Telefonats wünscht der Disney-Mitarbeiter "a magical day".

Fotos: Von der "Mondial de L'Automobile" in Paris. Am sympathischsten: der Mann am Lada-Stand. Aber was der zu verkaufen hatte, war eben wirklich nicht gerade "attraktiv".

Montag, Oktober 02, 2006

Making of




Die ersten Reaktionen auf meinen kleinen filmischen Beitrag von gestern waren großenteils von der Sorge erfüllt, ob ich denn seelisch in guter Verfassung wäre. Dieser Sorge möchte ich hiermit entgegentreten - sogar meine Halsschmerzen sind auf dem Wege der Besserung und der ewig ängstliche Hypochonder in mir hat sich inzwischen wieder einigermaßen beruhigt.
Ja der Film ist Trist. In gewisser Weise ist das natürlich der traurigen musikalischen Untermalung geschuldet - andererseits soll dieses Werk auch ein Denkmal für meine größere Speicherkarte sein - die wieder einmal streikt und im Siechtum (infirmité) darniederliegt und nur mit Gottes Hilfe (?) einmal wieder funktionieren wird.

Diesem Umstand war es dann auch geschuldet, dass die Dreharbeiten zu meinem Filmlein gleich zwei Tage in Anspruch genommen haben - meine restlichen Speicherkarten nehmen einfach nicht so viele Bilder auf. Der Film spielt am Abend (und nicht etwa am Morgen, wie man ja auch meinen könnte) und zeigt im ersten Teil Ausschnitte von der Metrofahrt in die Stadt (und eine einzige Passagierin an Bord). Dann stammen die Bilder aus der Stadt selbst - zu späterer Stunde und in der Gegend um Blvd Stebastopol - eine Gegend von Sexkinos und leichter Unterhaltung (einmal streift die Kamera einen blau erleuchteten Sexladen um die Ecke von Centre George Pompidou). Nach dem kräftigen Tusch mit dem Piano sitzen wir wieder in der Metro und der letzte Ausschnitt ist quasi eine Wiederholung von vorher - "der Kreis schließt sich". Soweit die erschöpfende Erklärung meines kleinen Films - für alle Freunde der Guufs - also der sich unweigerlich einschleichenden Produktionsfehler: Der Name der Metrostation am Ende passt überhaupt nicht in die Innenstadt von Paris - die Station Charenton-Ecoles liegt bereits außerhalb der Stadtgrenze nach Süden.

"Und seelisch ist wirklich alles in Ordnung?" - Ja! Es macht noch immer großen Spaß hier - und auch der zweite Monat in Paris ändert da noch nichts dran. Es ist schon aufregend, sich ein quasi ganz neues Leben einzurichten, mit neuer Bude in einer neuen Stadt, mit neuen Freunden und einer neuen Uni - es ist ja auch alles nur auf Zeit, mit doppeltem Boden und Fangnetz. Ganz in diesem Sinne waren wir an diesem Wochenende wieder unterwegs - unter anderem in meinem "Stammlokal" dem "Le Carré" mit einer heißen Milch (für den Hals) und im Laufe des Abends noch ein paar Französisch-Lektionen ("also ich erklär dir das jetzt einmal und dann nie wieder: rapide = Adjektiv; vite = Adverb").

Fotos: Ein paar Pariser Bildungseinrichtungen: Zum einen zwei Bilder vom Centre George Pompidou, dessen beeindruckende Bibliothek (neben einer großen wirtschaftlichen Sammlung natürlich) auch ein ganzes Arsenal an Musik vorhält. Vor und in dem Gebäude lässt es sich auch kostenlos im Internet surfen und überhaupt sicher Tage und Nächte zubringen.
Die beiden anderen Bilder stammen von der "Science Po", also dem "Institut National des Sciences Politiques de Paris", einer Eliteschule, auf der unter anderem Chirac und Sarkozy studiert haben. Wir waren wegen einer Einschreibung da - leider nicht wegen meiner eigenen. Die Atmosphäre ist vor allem in der Cafeteria im Keller sehr "lounge-mäßig". Die Studenten stammen sichtbar aus den besseren Kreisen.