Sonntag, Dezember 10, 2006
Le roi est mort
Am Donnerstag Abend haben Lee und ich zu einem jener "mondain" Diners geladen, fuer die die charmanten Franzosen so bekannt sein sollen. Zumindest habe ich gelesen, dass sie dafuer bekannt sind, die meisten "mondain" Diners, denen ich in Paris bisher beiwohnte waren allerdings von Ausländern verschiedener "couleur" verrichtet worden. Mit Ausnahme einer gewissen Anzahl Franzosen, die übrigens alle Nicolas hießen, was auch Zufall sein könnte.
Wie das so üblich ist bei solchen Diners, ist das besondere Augenmerk auch bei unserer Abendveranstaltung weniger auf das gute französische Essen (Pizza, Flammkuchen, Chips und Champagner), als vielmehr auf die anregende Mischung von Gästen gelegt. Kurzum, fast jeder, den ich in Paris inzwischen kenne war da.
Zuvor hatte Lee schon den ganzen Tag sauber gemacht und sogar Teelichter für die richtige Atmosphäre eingekauft. Er hatte Möbel arrangiert und den Salat garniert, während ich mich nach meiner Ankunft von der Uni um die Tiefkühlkost von um-die-Ecke gekümmert hatte.
Nachdem der Auftakt zum Wochenende schon so gut gelaufen war, verbrachten wir die folgenden Tage in Cafés und im Louvre, schließlich trafen wir uns zum zweiten Advent zu einem sehr deutschen Abendessen mit Braten, Rotkraut und Knödeln. Deutschtümeln macht ja soviel Spaß.
Der Freitagabend im Louvre (für Studenten und generell jeden unter 25 Jahren ist der Eintritt ab sechs Uhr frei), in Begleitung von Aurelie und Florian, war eigentlich vor allem der Kunst des 19. Jahrhunderts gewidmet. Man muss sich ja immer irgendwas heraussuchen, der ganze Louvre ist verdammt groß und das Jahr in Paris wird wohl gerade ausreichen, um von allem mal etwas gesehen zu haben.
Bei soviel Prunk und in Anbetracht dessen, dass der Louvre ja garnicht mal das einzige Schloss in der Gegend ist, stellte sich mir allerdings auch die Frage wohin es eigentlich all die Bourbonen - also die ehemalige Königsfamilie - verschlagen hat. Der Louvre wurde nach der Revolution 1789 zum Museum umgebaut (eher erstmal verwüstet und dann wieder hergerichtet) und Napoleon, in seiner ganzen Bescheidenheit, bewohnte später nur einige Apartements im nördlichen Flügel des Gebäudes.
Doch wo wohnt der, der heute König wär?
Nach etwas Recherche fand ich heraus, dass man tatsächlich in der Rue Rivoli Nummer 35 in ein Straßencafé stolpern kann, in dem in einer Ecke ein Foto von ihm hängt: Vom König von Frankreich, Ludwig XX, heute 32 Jahre jung.
Des weiteren erfuhr ich, dass der junge Mann heute Spanier ist und mit vollem Titel Monseigneur le Prince Louis, duc d'Anjou et de Bourbon, Chef des Hauses Bourbon heißt. Sein älterer Bruder starb bei einem Autounfall und sein Vater wurde Opfer eines grausigen Skiunfalls, der, so behaupten treue Royalisten, von den Konkurrenten aus dem Hause Orléans, mit einem über die Piste gespannten Draht mehr als nur "billigend in Kauf genommen" wurde.
Schließlich habe ich auf Wikipedia auch ein Foto des jungen Möchtegern-Monarchen gefunden, der übrigens aus dem selben Geschlechte stammen soll (nicht nur wie die vielen Louis aber auch) wie die heilige Anna, die Könige von Troja, Chlodwig (wer kennt ihn nicht?), die Kapetinger und - man lese und staune: Jesus. Na dann. Es lebe der "König".
Foto: Ich, keinem königlichen Geschlecht zugehörig, aber mit weißem Kragen zur Feier des Tages.
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