Freitag, Dezember 22, 2006

Der Letzte macht das Licht aus


Während es fast unmöglich ist, an einem 20. Dezember durch das weihnachtliche Getriebe in der Metro ein gläsernes Weihnachtsgeschenk heil nach Hause zu bringen, ist es durchaus möglich in Paris an einem Tag eine neue Wohnug zu finden.
So geschehen für Lee James, der seine alte Wohnung zum 22. Dezember verlassen musste und somit am 20. Dezember, morgens, mit der Suche nach einer Ersatzwohnung begonnen hatte.
Und folglich muss es auch möglich sein, in einem weiteren Tag die alte Wohnung aufzugeben, auszuziehen, zu reinigen und für die neue zumindest schon mal die Kaution zu bezahlen und den Vertrag zu unterzeichnen. Und all das - wie erwähnt - an einem Tag im Dezember mit der Heimreise am nächten Tag vor dem inneren Auge.

Entsprechend früh sind wir den 21. Dezember angegangen. Während mein letzter Uni-Kurs für dieses Jahr meine erste Klausur im neuen Jahr zum Thema hatte, wickelte Lee die letzten Putzaktionen und anschließend den "Etat de Lieu" - die Bestandsaufnahme mit der Vermieterin ab. Die Vermieterin, also die amerikanische Universität in Paris, war damit auch offensichtlich zufrieden und händigte folgerichtig die 300 Euro Kaution für die alte Wohnung aus.
Am Mittag stoße ich zur Projektgruppe "neue Wohnung" hinzu. Zusammen mit dem anderen Geld für die neue Kaution (diese wird teurer sein als die alte) war Lee inzwischen bei der Bank und hat eine Einzahlung auf sein Konto getätigt, um sich für den gleichen Betrag einen vordatierten Scheck für die neue Kaution ausstellen zu lassen.
Leider war der letzte der beiden obligatorischen Schritte nicht möglich, da Schecks nur an derjenigen Filiale der Bank ausgestellt werden können, an der das Konto eröffnet wurde.
Eine Stunde Metro.
In derjenigen Filiale, in der das Konto eröffnet wurde kann man den Scheck leider auch nicht ausstellen. Die Einzahlung sei zwar verbucht "jaja", doch das Geld sei bis in etwa einer Woche noch "indisponible".
Wieder eine Stunde Metro plus telefonischer Verhandlungen mit dem neuen Vermieter. Es wird spät.
Schließlich sind wir wieder in unserem Viertel, wollen das Geld nun bar an den Vermieter geben und dazu das am Mittag eingezahlte Geld wieder abheben. Die Bankangestellte empfängt uns: "Sie waren doch heute Morgen schon mal da - wir sind hier schon genug im Stress!" Wir fordern unsere Einzahlung zurück. Einige Telefonate später ist klar: Da die andere Filiale, an der das Konto eingerichtet wurde, bereits seit fünf Uhr geschlossen ist, kann von diesem Konto keine Auszahlung vorgenommen werden - am Automaten leider auch nicht, da das drei-Tages-Limit von 500 Euro bereits fast erreicht ist.

Das Gefühl kommt auf, dass der Tag wirklich lang ist. Am Abend bringen wir unser Gepäck aus unserer alten Wohnung bei einem Freund unter. Weitere Telefonate mit dem Vermieter. Leichte Verzweiflung, dann die Gewissheit, der Vermieter gibt uns am nächsten Tag noch eine Chance.

Und so wird auch der 22. Dezember für Lee James zu einem langen Tag: Geld auftreiben, Vertrag unterschreiben, eigenes Gepäck packen, zum Flughafen fahren, erfahren dass London im Nebel versinkt und Flüge ausfallen oder verspätet sind. Währenddessen sitze ich um kurz vor neun in meinem Zug - auf dem Weg nach Hause, Weihnachten, Fest des Friedens.

Foto: Ein weiteres Bild aus meiner "Marais-Serie".

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