Sonntag, Oktober 08, 2006
La Nuit Blanche
Es ist Sonntag, die Pariser Modewoche geht zuende (Florians "anstrengender" Job als Habilleur damit auch) und in der letzten Nacht war die gesamte Grande Nation unterwegs auf Paris' Straßen um die "Nuit Blanche" zu begehen.
La Nuit Blanche ist hier sowas wie die Nacht der offenen Museen zwischen Heidelberg und Ludwigshafen, nur viel größer und ohne öffentlichen Nahverkehr. Denn der macht unbeeindruckt weiterhin um halb eins dicht - nur die automatische Metro-Linie 14 fährt ausnahmsweise mal durch.
Meine Nuit Blanche beginnt in Creteil - eine Bewohnerin (der Name wir Una ausgesprochen, keine Ahnung wie man ihn schreibt) aus dem gleichen Block hat zum Geburtstag eingeladen. Ich klopfe an der Tür und werde freundlich eingelassen - ich bin der einzige Deutsche in einem Haufen von zehn rumänischen Mädels. Naturgemäß stehe ich sofort im Zentrum des Interesses, aber man versichert mir, nicht gleich über mich her zu fallen, wenn auch der Mangel an Jungs schon ein wenig frustrierend sei. Ich nehme einen tiefen Schluck und schätze, der Abend kann noch lustig werden.
Mein Mitbewohner kommt etwas später ebenfalls in die Runde und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Um zwölf Uhr brechen wir alle schon leicht angeheitert auf und nehmen die letzte Metro in die Stadt. Einen richtigen Plan, was wir sehen wollen, hat keiner. Alles was wir wissen: Am Place de la Concorde gibt es einen Info-Stand.
Die Dame am Infostand versucht Una zu überzeugen, dass la Nuit Blanche zu allererst ein kulturelles Ereignis ist, an dem man die überall geöffneten und illuminierten Museen besuchen sollte. Es gäbe Konzerte und Happenings die ganz wundervoll wären. Doch Una will wissen, wo man heute Abend hier Party machen kann. Da kann und will die Dame vom Infostand aber nicht weiterhelfen.
Also machen wir uns auf die Suche und im Laufe der Nacht werden wir fast ganz Paris zu Fuß durchqueren. Es gibt durchaus eine Menge zu sehen. Die Wahrzeichen der Stadt sind prächtig illuminiert, der Obelisk am Place de la Concorde zum Beispiel leuchtet in tiefem blau. Der Champs Elysee ist noch nachts um drei vollkommen überfüllt - Millionen von Passanten flanieren hier zwischen teuren Clubs und hoher Kultur, der obligatorische Verkehrsstau auf der Prachtstraße will auch bis zum Morgengrauen nicht vergehen. Viele Leute in unserem Alter sind ebenfalls unterwegs - mit glänzenden Lackschuhen, langen Mänteln und edlen Schals. Ihre Firsuren sind verwegen und die Mädchen in ihrer Begleitung scheinen just aus den letzten Veranstaltungen der Fashion-Week entnommen zu sein.
Unsere Gruppe wird kleiner. Einige Mädels können nicht mehr, anderen sind die Preise zu hoch. Wieder andere - wie etwa das Geburtstagskind zusammen mit meinem Mitbewohner - verlieren wir einfach in der Menge. Zu fünft kaufen wir uns um halb 4 schließlich am Grand Boulevard in einen Laden ein, der leider viel zu verraucht ist. Ich denke gerade noch bei mir "ein bisschen viel Irland" als der DJ als nächstes U2 zum besten gibt. Nichts gegen Kerry-Gold, aber in Paris war ich auch schon schicker weg.
Wir bleiben bis der Laden schließt und sind schließlich wieder unterwegs - Morgens um halb sechs auf dem Blvd Stebastopol - grob in Richtung Creteil. Als wir noch einen Schlenker durch das Marais gehen wollen, laufen wir zwei alten Bekannten von mir in die Arme - Christian und Florian haben hier die Nacht verbracht (jemanden in Paris zu treffen, den man kennt, ist mir in der letzten Zeit schon zweimal passiert - ein Anzeichen dafür, langsam dazuzugehören?).
Die beiden wollen noch ein bisschen Nuit Blanche machen und zusammen steuern wir die Eglise St Eustache an (der Kunsthistoriker Florian kommt ins Schwärmen - nicht der gleiche Florian übrigens, wie im ersten Abschnitt), wo es noch ein Konzert zeitgenössischer Musik geben soll. Gibt es aber leider nicht.
Die Mädels sind nun alle endgültig am Ende und verabschieden sich in die wieder verkehrende Metro. Ich gehe mit den beiden anderen noch Frühstücken, an einer Imbissbude um die Ecke, mit Amélie als Begleitmusik aus einem abgestellten Auto. Schließlich verabreden wir uns für 12 Uhr zum Brunch (im Crous Club für 2,75 Euro) - daraus wird aufgrund von allgemeiner Schläfrigkeit dann allerdings auch nichts mehr.
Um sieben Uhr geht die Nacht zuende, es wird hell, ich bin zurück in Creteil (mein Mitbewohner ist auch schon da und kocht gerade) und irgendwie hat nichts so richtig geklappt, aber lustig war es doch schon.
Fotos: Der erleuchtete Obelisk am Place de la Concorde sowie ein überlasteter Nachtbus - RATP macht keine Extraschichten für la Nuit Blanche...
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