Samstag, Mai 19, 2007

Die anderen Seiten von Paris

Am verlängerten Wochenende ist mal wieder Besuch in der Stadt. Der Anspruch diesmal: Nicht die ausgetretenen Touristenpfade sondern die geheimen, alternativen Orte der Stadt möchte man entdecken. Eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe in Paris. Denn mit vielen dutzend Millionen Besuchern jedes Jahr ist Paris die populärste Touristendestination in der ganzen Welt - sprich: es bleiben nicht viele Pfade, die touristisch unerschlossen sind.

Auch wenn viele Paris-Fans das Marais als "Insider-Tipp" verkaufen wollen, quillt es jetzt im Sommer und am Wochenende von Besuchern nur so über. Die sind zwar nicht ganz so "touristy" wie unter dem Eiffelturm - aber wirklich beschaulich und alternativ kann man das Judenviertel, das Schwulenviertel und die vielen historischen Hotels Particuliers nicht mehr nennen.

Ein paar Ecken gibt es aber doch und wenn man ein bisschen geduldig ist, erschließen sich einem mitunter noch ein paar Überraschungen.
Nicht wirklich ein Geheimtipp, aber wenigstens nicht in jedem Reiseführer zu finden ist beispielsweise das "Bretonen-Viertel" in der Rue Montparnasse, direkt bei uns um die Ecke. Es handelt sich hierbei um eine Ansammlung teilweise sehr gemütlicher Creperien, die noch vor allem von einheimischen Parisern frequentiert werden.

Alternativer wird es dann zum Beispiel auch im 13. Arrondissement. Nahe beim Place Italie findet sich nicht nur das China-Viertel, in dem Florian neben günstigen und guten Asiaten wohnt. Südwestlich des Platzes wirkt Paris bald viel kleinstädtischer. In kleinen gepflasterten Straßen und Plätzen finden sich hier durchaus nette Lokale, Bars und Restaurants. Gestern beispielsweise fanden wir da in der Rue Samson einen guten greko-Franzosen mit Menus unter der Woche ab sehr günstigen 11 Euro. Dank einer gewisse Zuneigung zwischen einer unserer Freundinnen und dem Kellner war der Alkohol sogar teilweise geschenkt.

Anschließend ging es in den Nordosten von Paris. Jenseits von Bastille und dem Platz der Republik mit ihren vollen Bars und Clubs (das "Bataclan" liegt da in der Nähe der Metro Oberkampf und rund um Bastille kennt man Rue de Lapp und Rue de la Roquette mit vielen Bars und ein paar Clubs) gibt es durchaus noch so etwas wie eine "alternative Szene". In der Rue St Maur fanden wir schließlich zwischen alten Autowracks und Grafitti-besprühten Hausfronten einen Laden, der erstens voll und zweitens sehr heiß war. Die Musik wurde von einem schwedischen DJ beigesteuert, dessen Freundin sich in unserer Begleitung befand. Und auch nur durch diesen Kanal war uns dieser Fund gegönnt. Die Atmosphäre in dem Laden erinnerte stark an "Wohnheim-Bar"-Stimmung in "good old" Mainz, etwas, das man in Paris nicht allzuhäufig finden dürfte. Unter dem illustren Publikum unterhielten wir uns zum Beispiel mit zwei barocken jungen Modestudentinnen, die von dem Abend auch schon sehr "profitiert" hatten ("avoir bien profité").

Um zwei Uhr kam dann Marie ("Merci-Marie" war überall an den Klowänden zu lesen und brachte uns zur Schlussfolgerung, dass es sich um die Wirtin handeln müsse) und bat uns langsam ans heimgehen zu denken, da die netten Nachbarn doch auch ihren Schlaf bräuchten. Wir beschlossen den Abend im Nachbarschafts-freien Bastille-Viertel und werden den heutigen Samstag-Abend wahrscheinlich vollkommen un-alternativ im Le Queen auf den ordinär-luxuriösen Champs Elysées verbringen.

Foto: Die "Passage Brady" in der Rue du Faubourg Saint-Denis. Das Viertel hier südlich des Ostbahnhofs ist auch ein touristisch eher unerschlossenes Gebiet, dass mit seinen vielen Indern, Türken, Asiaten und sonstigen Landsmännern durchaus sehr interessant ist: Günstiges Essen und viel Leben auf der Straße zu jeder Uhrzeit.

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