Donnerstag, Mai 03, 2007

Von letzten Gefechten und Weltraumpsychologen


Mein Memoir ist fertig! Die letzten Tage waren bestimmt von Übersetzungs- und Korrekturorgien, die Angst nicht fertig zu werden hat sich aber nicht bewahrheitet. Am Tag der Abgabe war im Computerlabor der Uni aber noch einiges los: Da wurden noch schnell Schlusssätze formuliert und Inhaltverzeichnisse angelegt - der Franzose an sich ist, wie ich, nicht so gut im Vorarbeiten.
Und so war ich in den letzten Tagen ein bisschen von meiner Umwelt abgeschnitten, als mich inmitten der ganzen Arbeit eine SMS erreichte: "Hört ihr uns bei euch zuhause? Es ist verdammt laut hier im Stadion!"
Das Stadion von dem da die Rede war, ist tatsächlich nicht weit von uns entfernt und drinnen stand vor vielen Fans: Ségolène, die schöne Sozialistin. Das Rennen ist quasi zuende. Am Sonntag ist die Wahl und es wird wohl langweiliger ausgehen als es möglich wäre. Obwohl: Ich wüsste nicht wen ich wählen sollte. Beide Kandidaten sind mir zu arg - zu arg rechts oder zu arg links. 35-Stunden-Wochen für Kleinbetriebe? Mehr Polizei und härtere Strafen gegen kleinkriminelle Banlieusards? Ich weiß nicht recht, die Entscheidung zwischen Pest oder Cholera will mir nicht leicht fallen.
Und so ist auch in meinem Umfeld die Meinung gespalten. Aurelie zum Beispiel will alles außer Ségolène - die ist ihr zu blöd. Daryl bedauert sehr, dass er als Amerikaner Ségo nicht wählen darf und ist Verfasser der obenstehenden SMS.
Das letzte Gefecht zwischen beiden Kandidaten, das direkt-übertragene TV-Duell habe ich übrigens nicht gesehen. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade in eine Unterhaltung mit einem Weltraumpsychologen vertieft.
Lustig, was für Menschen man doch so trifft, in der "Association Franco-Allemande" von der ich letztens schon berichtete. Während wir übrigens genau gegenüber der französischen Weltraumbehörde im "Sous Boc" saßen, erzählte mir Alex von seiner schwierigen Mission: Weltraumpsychologen untersuchen die Auswirkungen von Zusammenleben auf engem Raum in gefährlichen Umgebungen über lange Zeit. Die Arbeit zielt also schon ziemlich direkt auf eine eventuelle bemannte Marsmission in ungefähr 30 Jahren ab. Und da ist noch einiges an Basis-Forschung zu betreiben. Zum Beispiel können sich gegenseitig nervende Astronauten nicht mal kurz vor die Tür treten um eine zu rauchen. Sie können die Erde von ihrem kleinen Raumschiff aus ja für lange Zeit nicht einmal sehen!
Die interessante Unterhaltung hat mich persönlich auf den Gedanken gebracht, dass ERASMUS-Studenten in Paris ein ziemlich gutes Versuchsfeld für Weltraumpsychologie abgeben: Sie leben etwa ein Jahr auf engem Raum in kleinen WGs zusammen. Auch ich bin sieben Stockwerke vom Planeten Erde entfernt und: Ich rauche nicht.

Foto: Jede Woche eine Demonstration: Direkt vor unserer Wohnung erfährt man regelmäßig, dass Gewerkschaften in Frankreich noch eine große Rolle spielen.

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