Montag, Mai 14, 2007

Formvollendet Vorgeführt

Am Freitag hatte ich meine Klausur in "Politique du Développement" und dachte anschließend eigentlich, für eine kleine Weile nun meine Ruhe zu haben. Die Klausur war gut verlaufen. Nur der Professor war etwas verärgert, weil ihm offensichtlich jemand Aufgabenblätter entwedet hatte, die später auf der Toilette wieder auftauchten. Wir bekamen also eine neue Aufgabe und hatten dann zwei Stunden Zeit, eine Fragestellung und schlüssige Argumentation (inkl. aus dem Kopf zitieren) aufzusetzen.
Anschließend fuhr ich nach Hause, legte mich aufs Sofa und - bekam eine Nachricht aufs Handy:
"La soutenance de votre memoir sera lieu le lundi à 12 heures." hatte mir da eine Dame aus dem Instituts-Sekretariat auf den "Repondeur" gesprochen. Meine was? Meine Verteidigung?

Ach ja mein Memoir. Ich dachte eigentlich die 27 Seiten hätte ich hinter mir. Doch nein: Eine kurze Anfrage bei meinem Professor ergab bald, dass es um eine kurze Präsentation meines Memoirs und eine anschließende Diskussion gehe. Eine weitere kurze Mail verriet mir, ja, auch ein Projektor sei vorhanden, einer Powerpoint-Präsentation stehe nichts im Wege.

Somit war meine Wochenendplanung weitgehend festgelegt und ohne wirklich zu wissen, was mich erwartet bereitete ich mich auf eine Präsentation meiner Arbeit vor. Wird der Vortrag öffentlich sein? Darf jeder mitdiskutieren? Was muss ich anziehen? Ich beschloss mir selbst nicht allzuviele Fragen zu stellen und fuhr dafür am Montag Morgen einfach etwas früher an die Uni. Ich wollte sehen, wie sich die anderen Studenten schlagen würden.

Vor dem "Salle Keynes" saßen bereits zwei Studentinnen, eine davon erkannte mich auch sofort und wir verglichen unsere Präsentationen. Soweit ich mich umsah war ich der einzige mit fertiger Powerpoint-Präsentation und auch der einzige mit ordentlichem Hemd. So schlimm würde es also nicht werden.

Andere Studenten kamen hinzu, gelegentlich trat der Professor aus dem Tagungszimmer und rief den nächsten Kandidaten auf. Eine der wartenden Studentinnen war offensichtlich sehr nervös. Sie hatte "Rescue-Spray" ("alles pflanzlich") dabei, um ihrer Nervösität Herr zu werden. Ihr Zustand verschlechterte sich, als sie 10 Minuten vor ihrem Auftritt feststellte, dass ihr Spray alle war.

Einen gewissen Grund für Nervosität konnte auch ich ausmachen: Vor mir waren 3 Studentinnen an der Reihe - alle drei fielen durch, mussten ihre Arbeit in einem Monat in neuer Fassung noch einmal einreichen.
Schließlich war ich an der Reihe. Ich nahm mir beim eintreten fest vor, die Spannung der Situation sofort ein bisschen aufzulösen: "Wie wars in Vietnam, Herr Professor?"

Die Taktik funktionierte recht gut. Ein kurzer Plausch über beeindruckende Erfahrungen in Asien und anschließend ging es ein bisschen zu wie beim Videoabend zuhause. Ich startete die Präsentation während wir beide zurückgelehnt auf unseren Stühlen saßen und der Professor gelegentlich Zwischenfragen stellte.

Die ganze Präsentation lief gut, in der geplanten Zeit, und nur aufgrund von etwas komplizierteren Zwischenfragen verfiel ich zwei oder dreimal kurz ins Englische - für den Professor auch kein Problem. Schließlich diskutierten wir noch ein paar Minuten über einige Punkte und der Professor erklärte mir was er noch gerne hinzugefügt hätte.
Alles in allem zeigte er sich aber durchaus sehr zufrieden, vor allem die Form und Präsentation hatten ihm gefallen. Er speicherte sich meine Präsentation ab um später seinen Studenten zu zeigen, wie es richtig geht.

Als wir fertig waren war ich auch hochzufrieden und fühlte mich sehr erleichtert. Bis genau zu dem Zeitpunkt, an dem Professor Najman interessiert nachfragte: "und haben sie auch sonst viel geschafft, im letzten Semester?" Einem durchschnittlichen Erasmus-Studenten muss an dieser Stelle ein bisschen heiß werden.

Foto: Auch sehr heiß: Die letzten Nächte in Paris. Inzwischen ist der Ärger der Linken aber ziemlich verglüht, genau wie dieser Kleinlaster, den Florian und ich am Marais gefunden haben.

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