Dienstag, Januar 09, 2007

"La politique des petits pas"


Heute war der erste Tag an der Uni im neuen Jahr. Als vorbildlicher Musterschüler habe ich mich gleich nach dem Aufstehen, so etwa um elf, auf den Weg gemacht. Und bin auch bis die Bibliothek geschlossen hat geblieben.
Hintergrund ist, dass am Donnerstag eine Prüfung in Entwicklungsökonomie ansteht und der gute alte Professor in Mainz uns vor etwa einem halben Jahr noch einbläute "Ich will nicht, dass jemand von meiner Uni da hingeht und keine Ahnung von Tuten und Blasen hat!"
Außerdem hatte ich für den ersten Uni-Tag eine kleine Hausaufgabe zu erledigen gehabt, die darin bestand, Material für unsere Stunde über die deutsche Ratspräsidentschaft in der EU zu sammeln. Im Zuge dessen hatte ich zwei Artikel herausgesucht - einen aus dem "Nouvel Observateur" und einen aus "Le Monde", in denen lustigerweise auch ein paar (zum Teil falsch geschriebene) deutsche Worte vorkamen. Mein Professor sah sich in der Stunde dann genötigt, Ausdrücke wie "Politik der kleinen Schritte", "Jürgen Klinsmann" und "Mannschaft" auszusprechen (alles mit netten s- ch- und sch- Lauten...).
Abends nach der Uni habe ich meinen Mitbewohner vom RER-Bahnhof abgeholt, wo er mit drei großen Tüten vom IKEA ankam, um unsere neue Wohnung fertig einzurichten. Auf dem Weg zur Sperre klingelte sein Handy. Als er wieder aufgelegt hatte, verkündete er mir freudestrahlend, dass Morgen in Paris der Schlussverkauf beginne. Als er mir erklärte, er werde seinen letzten Ferientag und einen erheblichen Anteil seines Geldes genau darauf verwenden, mit Daryl durch die Stadt zu ziehen, während ich in der Unibibliothek brüte, kam ich mir doch recht verheiratet vor.
Später am Abend holte Lee dann noch eine CD aus einer seiner zahlreichen Einkaufstaschen und präsentierte mir stolz: "The Russian boys from Châtelet". Die (schon etwas älteren) Jungs trifft man regelmäßig in der größten Pariser Metro Station, wo sie mit einem regelrechten Orchester Liedgut aus den Tiefen der sibirischen Steppe zum Besten geben und ihre CDs verkaufen. Jetzt haben wir die angenehme Atmosphäre dieser Metro-Station auch bei uns zuhause. Ich würde sagen, der Haushalt ist komplett.

Foto: Außen hui und innen pfui? Von wegen, mit russischer Steppenmusik und neuen Vorhängen von Ikea lässt es sich auch drinnen wunderbar aushalten.

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