Eine Soirée ist keine Party, nach der man verkatert und mit mittelgroßen Erinnerungslücken in einem unbekannten Bett aufwacht. In unserem Wohnheim ist eine Soirée ein wohlorganisierter Abend, der ein bisschen Nestwärme entstehen lassen soll. Das ganze erinnert an die Zivischule, wo auch ein Haufen vollkommen unterschiedlicher Menschen (die wenigsten hier sind Studenten, sondern vielmehr junge Arbeitnehmer, meist Schwarze, die befristet in Paris sind) anhand allerhand Aktivitäten und Projekte aus der Anonymität in eine kleine Gemeinschaft auf Zeit eingebracht werden sollen.
Auch die Rollenverteilung ist klassisch: Madame mit der schrillen Stimme und dem vielen Humor (beaucoup d'humour) baut den Tisch mit den kleinen Snacks auf (la Vache qui rie, Chips, Cola, Salami) und beginnt mit ihrem Vortrag über die breitgefächerte Culture, an der man teilnehmen kann. Es gibt den Foto-Wettbewerb (bei dem ich jetzt mitmache), einen Kursus für Filme und einiges mehr.
Dann ist da der große, stets mit Trainingsanzug herumlaufende "Sportlehrer". Eigentlich ist er ja nur für Freizeitgestaltung zuständig (ja dieses Wohnheim hat unheimlich viel Personal!) und so kümmert er sich um die Wohnheim-Fußballmannschaft und die Fitness-Raum-Schlüssel (ist das alles? Nein zu seinem Aufgabengebiet gehört auch, jeden Montag die Videoaufzeichnungen über das Wohnheim vom Wochenende anzuschauen).
Weitere Rollen sind vor allem statisch: Das Croud besteht aus den neuen Wohnheims-Insassen (Ja seitdem wir wissen, dass wir gar nicht ausziehen DÜRFEN, kann man das so sagen. Mein Mitbewohner schmiedet schon Flucht-Pläne). Es steht zunächst etwas zurückhaltend außenherum und lässt sich nur langsam von der überschäumenden Aktivität, vor allem von Madame - der Sportlehrer bleibt cool und beginnt schon mal das Buffet zu leeren - anstecken.
Nach und nach wandelt sich der Vortrag in eine Art vorsichtigen Dialog. Man kommt ein wenig ins Gespräch, sehr tief dringt aber niemand. Immer mehr Leute trauen sich ans Buffet, ich übernehme die "Vache qui rie". Der Abend löst sich alsbald in Wohlgefallen auf, mal schauen, ob ich beim Foto-Wettbewerb was reißen kann. Als erster Preis winken Tickets für Eurolines aller-retour (ich habe leider nicht verstanden wohin).
Von dieser Halli-Galli-Drecksau-Party noch schnell zu dem zweiten Thema des Tages: Mit meinem Correspondant aus alten Zeiten und einem Kommilitonen seinerseits war ich heute in Sully - das ist auch so irgendwo beim Marais - unterwegs. Vor dem alte Lycée des Kommilitonen haben wir uns auf Frandeutsch über die unterschiedlichen Anforderungen an Schüler in Frandeutschland ausgetauscht und später noch eine Fotoausstellung besucht. Die Fotos waren schön, aber das Konzept habe ich nicht verstanden.
Foto: Lycee Charlemagne im "Vierten", sowie eine deutsche Buchhandlung (merken!) direkt am Nordende des Platzes vor dem Centre Pompidou.
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