Donnerstag, September 28, 2006

ECTS-European Credit Transfer System


Die europäische Einigung bringt viel Praktisches mit sich. So zum Beispiel können europäische Studenten ohne Schwierigkeiten ein oder zwei Semester auf einer Hochschule in einem anderen europäischen Land studieren. Um das Verfahren zu vereinfachen und verbindliche Vergleichbarkeit zwischen den Universitäten herzustellen hat man das European Credit Transfer System - kurz ECTS erfunden. Für bestimmte Kurse gibt es eine bestimmte Anzahl von Punkten. Stimmt die Anzahl der Punkte auf den verschiedenen Universitäten überein, ist die Anerkennung nur noch Formalia.
Soweit die rosarote Theorie.
Meine Erfahrungen mit ECTS sind da doch eine ganze Ecke Europa-skeptischer. Für mich ist Europa ein Sumpf, das ECTS-System ist die defekte Pumpe zur Trockenlegung desselben und die verschiedenen Universitäten kochen jede ihr eigenes Süppchen, das zur Biodiversität des Sumpfes beiträgt.
Am Dienstag stand ich vor Monsieur Leroy, um mein Leid zu klagen und Aufklärung zu erfahren. Denn in Wirklichkeit kümmert sich natürlich kein deutscher Hochschuldozent um die Anzahl der ECTS-Punkte, sondern er will wissen, ob diejenigen Fächer, die sein Student im Ausland belegt hat auch inhaltlich mit denen im Inland vergleichbar sind. Daher fordert ein Dozent in Mainz Angaben über Inhalt und verwendete Literatur. Diese sind aber an französischen Unis nicht zu haben - nicht online und nicht im Voraus. Man muss schon die ersten zwei Unterrichtsstunden abwarten, bis man eine solche Liste ausgehändigt bekommt.
Schon dieser erste Fakt vereitelt die ganze schöne ECTS Welt - denn stimmt der Inhalt aber die ECTS-Punkte sind unterschiedlich "dann schauen wir da großzügig drüber weg" - so der verantwortliche Professor Sauernheimer in Mainz.
Der Austausch ist auch so zu handhaben - es ist etwas riskanter zwar, was die Anerkennung angeht, aber wenige Wochen nach Studienbeginn sollte man darüber bescheid wissen, ob gleichnamige Fächer auch gleichwertig sind.
Im Sumpf Europa kommen aber noch ein paar Schwierigkeiten (giftige Schlangen und Krokodile) hinzu. Zum einen sind noch lange nicht alle Unis auf Bachelor umgestellt. Zum anderen ändert sich bei vielen Universitäten durch die Umstellung nicht wirklich viel: Gleiche Kurse haben unterschiedliche Namen, gleiche Studiengänge haben unterschiedliche Richtungen, gleiche Studienabschnitte haben unterschiedliche Anforderungen.
In all dem Wusel kann man zwei Universitäten finden, die zufällig aufeinander abgestimmt sind - oder man geht für ein Jahr von Mainz nach Paris.
Ich stehe also immernoch vor Monsieur Leroy, der ein prüfendes Auge auf meinen Zettel geworfen hat, auf dem ich versucht habe, die deutschen Kursbezeichnungen ins französische zu Übersetzen.
Mit dem Finger fährt er von oben bis unten über die Liste. "On n'a pas, on n'a pas, On n'a pas - das haben wir alles nicht. Drei Kurse können sie im nächsten Semester belegen, die könnten übereinstimmen - désolée!"
Naja das klang ja zunächst nach einem sehr einfachen ersten Semester. Ich stellte mich schon darauf ein, in meinem ersten Semester neben meinen Sprachkursen nur ein paar Kurse die mich sowieso interessierten zu belegen - pour mon plaisir sozusagen. Aber bevor ich mir sicher sein konnte ging es schließlich doch nochmal zu Monsieur Najman, der dann ja auch den Contrat d'Etudes unterschreiben sollte.
Monsieur Najman glaubt ganz fest an ECTS. Er hat dann auch tatsächlich noch den ein oder anderen Kurs gefunden, bei dem ich es zumindest versuchen konnte, dessen Anerkennung in Deutschland zumindest theoretisch möglich sein könnte. Aber bei 24 Punkten war das Ende der Fahnenstange erreicht. Uns fiel nichts weiteres mehr ein. Monsieur Najman grübelte eine Minute, dann ging ihm ein Licht auf und er verkündete mir seine großartige Idee: "Sie schreiben ein Memoir! Das übt ihre Sprache und Sie können sich ein Thema aussuchen, das Sie interessiert". Ein Memoir ist eine Semesterarbeit, eine Art Generalprobe für die Diplomarbeit. Ich bin sicher meine Begeisterung fiel mir quasi aus dem Gesicht. Aber inzwischen bin ich auch überzeugt: Eine gute Übung für mein Französisch.

Foto: Hort der Bildung: Nationalbibliothek in Paris.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

tolles bild bruderherz!
schöne symmetrie und farben :)

meine ferien fangen heute endlich an. vielleicht besuch ich dich ja mit den eltern in zwei wochen wieder.

viel erfolg mit deinen ECTS ;)

ciao

king bed comforter set hat gesagt…

In all dem Wusel kann man zwei Universitäten finden, die zufällig aufeinander abgestimmt sind - oder man geht für ein Jahr von Mainz nach Paris.
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